
Die Debatte um die Zukunft der Krankenhausversorgung in Bayern spitzt sich zu. Während die Bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) in einer Pressemitteilung [➚] vom 16.1.25 betonte, dass der „7-Punkte-Plan für Bayerns Krankenhäuser“ positiv aufgenommen würde, regen sich Zweifel. Die „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ aus Himmelkron zeigt sich äußerst besorgt über die Richtung, in die die Gesundheitsversorgung im Freistaat steuert.
Besonders die geplante Lockerung der Erreichbarkeitsregeln für Krankenhäuser erhitzt die Gemüter. Statt wie bisher eine Erreichbarkeit binnen 30 Minuten anzustreben, orientiert sich die Bayerische Staatsregierung neuerdings an einer 45-Minuten-Regel [➚] (PDF-Dokument). Die Aktionsgruppe warnt, dass dies zu gravierenden Nachteilen für die flächendeckende Versorgung und insbesondere für Notfallpatienten führen könnte.
Klaus Emmerich, Klinikvorstand im Ruhestand und Sprecher der Aktionsgruppe [➚], formuliert klare Kritik: „Wir begrüßen grundsätzlich jeden Plan B der Staatsregierung für den Fall, dass die Krankenhausreform unverändert bleibt. Doch die 45-Minuten-Erreichbarkeit für Krankenhäuser mit Innerer Medizin, Chirurgie und Basisnotfallversorgung ist inakzeptabel und eine Zumutung für Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen.“
Zentrale Grundlage der Diskussion ist die Krankenhausreform, die im Wesentlichen durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz geregelt wird. Diese sieht unter anderem vor, dass Krankenhäuser über sogenannte Leistungsgruppen verfügen müssen. Dabei wird eine Fahrzeit von 30 Minuten als Richtwert festgelegt. Laut des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist dies die maximale Zeitspanne, um Krankenhäuser mit einer Basisnotfallversorgung zu erreichen.
Die Bayerische Staatsregierung hat jedoch in ihren Leitlinien eine Lockerung auf 45 Minuten vorgebracht. Für die Bürger/innen vor Ort bedeutet dies, dass ihnen ein weiterer Beitrag aufgetischt worden ist, der die Existenz des Eberner Krankenhauses ernsthaft in Frage stellt. Mit der neuen Regelung wäre dessen Schließung nahezu besiegelt. Für die Region würde das den Verlust einer wichtigen Notfallstation bedeuten.
Darüber hinaus kritisiert die Aktionsgruppe, dass die im Koalitionsvertrag zugesagte „Investitionsmilliarde“ bislang nicht realisiert wurde. Stattdessen fehlen den Krankenhäusern noch immer 200 Millionen Euro jährlich. Statt eine grundlegende Reform anzugehen, habe die Staatsregierung die Grundelemente der Reform von Lauterbach akzeptiert und sich lediglich auf punktuelle Anpassungen wie Korrekturmöglichkeiten auf Landesebene und eine verbesserte Betriebskostenfinanzierung beschränkt.
Die Krankenhausreform des Bundes wurde ursprünglich eingeführt, um ineffiziente Strukturen zu beseitigen und die Qualität der Versorgung zu sichern. Zentraler Baustein ist die Einführung von Leistungsgruppen, beispielsweise für Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie. Diese müssen an den jeweiligen Standorten bestimmte Kriterien erfüllen. Ein Ausgleich über einen Sicherstellungszuschlag ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen.
Besonders alarmierend ist für die Aktionsgruppe der Verzicht auf eine angedachte Klage wegen der mutmaßlichen Verfassungswidrigkeit des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes. Diese wurde noch 2023 in Aussicht gestellt, scheint jedoch mittlerweile keine Rolle mehr zu spielen. Stattdessen konzentriere sich die Staatsregierung offenbar darauf, die Reform „zumindest pragmatisch umzusetzen“.
Die Aktionsgruppe betont, dass die geplanten Änderungen die flächendeckende Versorgung gefährden würden. Während große Kliniken in Ballungsräumen profitieren, geraten kleinere Krankenhäuser in ländlichen Gebieten zunehmend unter Druck. Mit der geplanten Lockerung der Erreichbarkeitsgrenze droht eine schrittweise Zentralisierung der Gesundheitsversorgung.
Die Bayerische Gesundheitsministerin verteidigte zuletzt ihren 7-Punkte-Plan und warf der Bundesregierung schwere Versäumnisse vor. Doch aus Sicht vieler Betroffener in den ländlichen Regionen bleibt die Frage offen, ob dies ausreicht, um das Kliniksterben in Bayern zu stoppen.
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