Symbolbild (Ausschnitt, verändert): „Bechterdissen - Umspannwerk - 3“, Ath, Lizenz: CC0 1.0 Universell, eingebettet via Wikimedia Commons
Während sich der Landkreis Haßberge mit dem im Jahr 2024 neu gegründeten „Regionalwerk Haßberge“ auf einen eigenständigen Weg in Richtung Energiewende begibt, vollzieht die Stadt Bamberg den gegenteiligen Schritt: Sie verlässt gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg zum Ende des Jahres 2025 die seit über einem Jahrzehnt bestehende „Regionalwerk Bamberg GmbH“. Zwei benachbarte Landkreise also – mit zwei entgegengesetzten Entscheidungen im Bereich der kommunalen Energiepolitik.
Was auf den ersten Blick wie ein Auseinanderdriften wirkt, ist bei näherer Betrachtung das Ergebnis unterschiedlicher Ausgangslagen, Herausforderungen und Zielsetzungen. In Bamberg stehen Veränderungen an, weil sich Prioritäten und gesetzliche Rahmenbedingungen verschoben haben. Im Landkreis Haßberge hingegen soll ein Kapitel aufgeschlagen werden, das auf einer klaren Vision basiert.
So fiel im Landkreis Haßberge Ende Juli 2024 der Startschuss für das neue „Regionalwerk Haßberge“. Nach mehr als einem Jahr Vorbereitung beschlossen der Landkreis sowie sämtliche zugehörigen Gemeinden die Gründung des gemeinsamen Kommunalunternehmens. Am 7.10.24 wurde die Satzung offiziell im Amtsblatt der Regierung von Unterfranken bekannt gemacht. Ziel: Ab Mitte 2025 sollen Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen im Landkreis einen regionalen Stromtarif wählen können, der sich ausschließlich aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen vor Ort speist.
Das Regionalwerk Haßberge ist als Anstalt des öffentlichen Rechts konzipiert und besitzt eine eigene Satzung mit insgesamt 21 Paragraphen. Der Vorstand besteht laut § 6 aus einem oder mehreren Mitgliedern, während der Verwaltungsrat mit insgesamt 27 Personen besetzt wird. Damit schafft man eine breite Basis für strategische Entscheidungen im Bereich Energie. Zu den Aufgaben zählen: der Aufbau einer Infrastruktur für Elektromobilität und die Erschließung neuer Geschäftsfelder im Bereich erneuerbarer Energien. Auch die gezielte Flächensicherung für Wind- und Solarkraft spielt eine zentrale Rolle.
Ganz anders sieht es zur Zeit im Landkreis Bamberg aus. Hier wird eine Ära beendet: Nach 13 Jahren gemeinsamer Arbeit verabschieden sich die Stadt Bamberg und die Stadtwerke Bamberg aus der Regionalwerke GmbH, an der neben ihnen auch der Landkreis Bamberg und 31 weitere Kommunen beteiligt sind. Die Entscheidung wurde Ende März 2025 in einer Vollsitzung des Stadtrats einstimmig getroffen – das Ausscheiden erfolgt zum 31.12.25.
Die Gründung der „Regionalwerk Bamberg GmbH“ liegt inzwischen mehr als ein Jahrzehnt zurück. Ursprünglich war geplant, durch die Bündelung kommunaler Kräfte den Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere der Windkraft – voranzutreiben. Doch bereits früh scheiterten zentrale Vorhaben an politischen Rahmenbedingungen wie der bayerischen „10h-Regel“, die seit 2014 Windkraftprojekte aufgrund hoher Mindestabstände zur Wohnbebauung erheblich erschwerte.
Die Konsequenzen daraus sind deutlich: Während der Landkreis über die Regionalwerke Projekte wie E-Carsharing oder einen Ökostromtarif realisierte, konzentrierten sich die Stadtwerke Bamberg zunehmend auf ihre Kernaufgaben innerhalb der Stadt. Die Anforderungen der Welterbestadt Bamberg – insbesondere im Bereich Wärmeplanung – entwickelten sich zunehmend unabhängig vom Bedarf im ländlich geprägten Landkreis Bamberg.
Die Gründe für den Rückzug der Stadt Bamberg aus dem Regionalwerk Bamberg sind vielschichtig und zeigen die Komplexität heutiger Energiepolitik auf kommunaler Ebene. So betonten Oberbürgermeister Andreas Starke und Landrat Johann Kalb unisono, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren massiv verändert haben. Ein Beispiel ist das im Jahr 2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz, das bayerischen Kommunen weitreichende neue Aufgaben übertragen hat. In dicht besiedelten, historisch gewachsenen Städten wie Bamberg mit hohem Anteil denkmalgeschützter Gebäude stellt die Umsetzung ganz eigene Anforderungen.
„Die Wärmeplanung in der Welterbestadt erfordert ganz andere Lösungen als im ländlichen Raum“, erklärte Oberbürgermeister Starke. Landrat Kalb ergänzte, dass sich der Bedarf in Stadt und Land in den vergangenen Jahren deutlich auseinanderentwickelt hätte. Das gemeinsame Dach einer GmbH sei unter diesen Umständen nicht mehr zweckmäßig. Gleichwohl betonten beide Seiten, dass die Zusammenarbeit bei energiepolitischen Themen auch künftig eng und konstruktiv bleiben solle – nur eben auf neuen Wegen.
Im Landkreis Haßberge hingegen demonstrierte man Aufbruchstimmung. Das „Regionalwerk Haßberge“ soll zur Plattform für sämtliche kommunalen Interessen im Bereich erneuerbarer Energien werden, Konzepte zur sauberen Energieerzeugung entwickeln und die Region durch gezielte Investitionen stärken. Neben dem Aufbau von Wind- und Solaranlagen ist auch eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für E-Mobilität vorgesehen.
Interessant ist hierbei der Vergleich zur Anfangszeit der Regionalwerke Bamberg: Auch dort war die Vision ambitioniert – doch im Bamberger Umland scheiterten viele Projekte an gesetzlichen Hürden. Im Landkreis Haßberge liegt der Fokus auf regionaler Eigenversorgung mit Strom, gespeist aus lokalen Anlagen.
Ein Unterscheidungsmerkmal: Die Struktur des Regionalwerks Haßberge als Anstalt öffentlichen Rechts sorgt für eine kommunale Kontrolle und Einflussnahme. Im Gegensatz dazu ist die Regionalwerke Bamberg GmbH eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung – also eine andere Rechtsform mit teils anderen Steuerungsmechanismen.
Mit dem angekündigten Austritt der Stadt Bamberg und ihrer Stadtwerke steht das Bamberger Regionalwerk vor einem möglichen Umbruch. Ob und wie sich die verbleibenden Gesellschafter – der Landkreis Bamberg und die 31 weiteren Kommunen – neu organisieren, ist derzeit noch offen. Im Landkreis Haßberge hingegen schaut man derzeit auf Mitte 2025, wenn der erste regionale Stromtarif an den Start gehen soll.
Zwei benachbarte Landkreise – zwei unterschiedliche Wege. Während Bamberg sich von einem Modell verabschiedet, das über Jahre hinweg Gemeinschaft fördern sollte, wagt der Landkreis Haßberge den verspäteten Start mit einem kommunalen Schulterschluss.
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