Die unendliche Geschichte vom vertagten Naturfriedhof in Ebern


Die Idee klingt einfach und modern: Ein Friedhof inmitten der Natur, unter Bäumen statt Grabsteinen, schlicht und naturnah, ohne Pflegeaufwand, aber mit Würde. Doch in Ebern hat sich diese scheinbar unstrittige Vorstellung zu einem Paradebeispiel für kommunalpolitische Trägheit, interne Reibereien und eine Debatte mit erstaunlich langem Atem entwickelt. Seit 2014 wird um das Projekt eines Naturfriedhofs gerungen – und noch immer ist kein Ende abzusehen.

Elf Jahre Diskussion – und kein Friedhof in Sicht

Was mit einer Initiative des SPD-Stadtrats Werner Riegel im Jahr 2014 begann, hat sich über die Jahre hinweg zu einer unendlichen Geschichte entwickelt. Der Stadtrat aus Albersdorf brachte damals die Idee eines Naturfriedhofs nahe dem idyllischen Käppele ins Spiel. Die Motivation: ein Begräbnisort, der dem Wunsch vieler Menschen nach einem schlichten, naturverbundenen Abschied gerecht wird. Doch der Boden am Käppele war lehmig – und damit für Urnenbestattungen ungeeignet. Die Diskussion verlagerte sich auf andere Standorte und in einen städtischen Arbeitskreis [➚]. Was als lösbare Herausforderung begann, wurde zum Sinnbild politischer Unentschlossenheit.

Im Juni 2025, elf Jahre nach dem ersten Vorstoß, ist von einem realisierten Naturfriedhof noch immer nichts zu sehen. Zwar hatte der Stadtrat zwischenzeitlich beschlossen, ein städtisches Kommunalunternehmen mit der Trägerschaft zu betrauen – ein deutlicher Schritt weg von einer privat betriebenen Lösung – doch konkrete Ergebnisse fehlen bislang. Auch die angekündigte Bürgerumfrage im März dieses Jahres brachte bislang keine öffentlich bekannten Resultate.

Ein Lichtblick, der keiner wurde

Der Beschluss aus dem Februar 2023, das Projekt in kommunaler Hand zu halten, ließ kurz Hoffnung aufkeimen. Doch dieser Hoffnungsschimmer verglühte schnell, da weder die Standortfrage noch die Ausgestaltung weiter vorangetrieben wurden. Der Losberg, als neuer potenzieller Standort ins Gespräch gebracht, geriet zuletzt ebenfalls ins Stocken. Aufklärung über den aktuellen Planungsstand? Leider nein.

Eine Schlüsselrolle sollte dabei ein eigens gegründeter Arbeitskreis spielen. Besetzt mit Vertretern aller Fraktionen und dem zweiten Bürgermeister Harald Pascher (FDP/Freie Bürger) als Vorsitzendem, legte das Gremium im Sommer 2022 konkrete Empfehlungen vor – unter anderem die Gründung eines Kommunalunternehmens. Doch selbst dieser Konsensvorschlag fand nicht durchgehend Zustimmung: Der damalige Vorsitzende selbst votierte dagegen, aus Sorge vor wirtschaftlicher Konkurrenz zu bestehenden Naturfriedhöfen in der Region.

Bürgerwille trifft politische Realität

Dass das Thema in Ebern emotional diskutiert wird, liegt auch am öffentlichen Interesse. Bereits 2018 formierte sich mit der Initiative „Pro Begräbniswald“ ein bürgerschaftliches Bündnis unter der Leitung von Hermann von Rotenhan aus Eyrichshof. Die Initiative wollte sogar einen Begräbniswald bei Kurzewind errichten. Die Stadt lehnte ab – nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern um das Projekt in kommunaler Verantwortung zu behalten. Die Idee wurde damit ausgebremst – bis heute.

Die Tatsache, dass sich seit über einem Jahrzehnt trotz mehrfacher Anläufe nichts Substanzielles getan hat, wirft Fragen auf: Will die Politik den Wandel nicht – oder kann sie ihn schlichtweg nicht organisieren? Andere Gemeinden in der Region haben längst Naturfriedhöfe eingerichtet. Ebern diskutiert weiter.

Ein neuer Arbeitskreis – ein alter Verdacht

Mitte 2024 wurde der ursprüngliche Arbeitskreis plötzlich komplett neu besetzt, Begründung unbekannt. Auffällig ist: Bürgermeister Hennemann übernahm nun selbst den Vorsitz. Die neue Zusammensetzung wirkt wie ein Neustart – oder ein Versuch, das Heft des Handelns wieder zentral zu steuern. Mit dabei sind Vertreter von Grünen, CSU, Freien Wählern und Verwaltung. Ob dies zu einem Durchbruch führt, bleibt abzuwarten.

Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Planungen bleiben bestehen. Dass nun sogar ein Kommunalunternehmen für den Betrieb eines vergleichsweise kleinen Projekts gegründet werden soll, wirkt auf manche übertrieben – Bürokratie statt Pragmatismus.

Symbol einer festgefahrenen Politik

Der Fall Naturfriedhof ist längst zu einem Politikum geworden. Ein Projekt, das das Vertrauen in die lokale Entscheidungsfähigkeit auf die Probe stellt. Dabei hat Ebern die Voraussetzungen für einen Naturfriedhof: initiative Bürger, prinzipielle Ratsmehrheiten, geeignete Standorte. Was fehlt, ist der politische Wille zur Umsetzung. Der Stadtrat hat das Heft des Handelns – theoretisch. Ob er es auch praktisch ergreift, bleibt offen.

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