
Auch im Jahr 2025 beteiligt sich der Landkreis Haßberge erneut an der bundesweiten Aktion „Stadtradeln“. Vom 30.6. bis zum 20.7.25 sind Bürgerinnen und Bürger eingeladen, kräftig in die Pedale zu treten – für mehr Klimaschutz, eine bessere Radinfrastruktur und eine lebenswertere Umgebung.
Dabei wirkt es auf den ersten Blick fast paradox: Der Landkreis Haßberge, bestehend aus zahlreichen kleinen Gemeinden, Dörfern und Städtchen, ist zwar keine Stadt – und dennoch gehört er zu den Kommunen, die bei der Aktion „Stadtradeln“ mitmachen. Was widersprüchlich klingen mag, hat seinen Platz im Regelwerk der Aktion. Teilnehmen darf jede Kommune, unabhängig davon, ob es sich um eine Großstadt, eine Kleinstadt oder einen ländlich geprägten Landkreis handelt.
Für die Bewohnerinnen und Bewohner im Landkreis bietet das Stadtradeln somit auch in diesem Jahr wieder eine Gelegenheit, sich aktiv für eine nachhaltige Mobilitätsform stark zu machen. Und es geht nicht nur darum, Kilometer zu sammeln: Hinter der Aktion steckt ein vielschichtiger Ansatz, bei dem neben dem sportlichen Aspekt auch Aspekte wie Umweltbewusstsein, Bürgerbeteiligung und Verkehrsplanung im Vordergrund stehen.
Das Konzept des „Stadtradelns“ ist klar umrissen: Drei Wochen lang sollen Teams aus Kommunen, Schulen, Vereinen oder Unternehmen möglichst viele Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen. Gezählt werden alle Strecken, die per Fahrrad absolviert werden – ganz gleich, ob es sich dabei um den Weg zur Arbeit, eine Freizeitfahrt oder den Einkauf im Nachbarort handelt.
Teilnehmen dürfen alle Menschen, die im Landkreis Haßberge wohnen, arbeiten, einem Verein angehören oder eine Schule dort besuchen. Es geht also nicht nur um Einheimische, sondern auch um Pendler, Ehrenamtliche oder Schüler – eine breite Zielgruppe, die dazu beiträgt, das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel sichtbarer zu machen.
Im Aktionszeitraum erfassen die Teilnehmer ihre geradelten Kilometer entweder über die Website oder direkt über die Stadtradeln-App. Über diese App können Strecken bequem getrackt und automatisch erfasst werden. Die Technische Universität Dresden wertet die gesammelten Daten anschließend anonymisiert aus und stellt den Kommunen die Ergebnisse zur Verfügung. Dadurch entsteht eine Datengrundlage, die aufzeigt, wo besonders häufig gefahren wird, wo Engpässe bestehen oder wo der Radverkehr stockt.
Ein weiteres digitales Instrument ist die Plattform RADar!, über die Nutzer auf einer interaktiven Karte direkt Mängel oder Probleme im Radwegenetz melden können. Ob plötzlich endende Radwege, gefährliche Kreuzungen oder Schlaglöcher – die Hinweise sollen direkt an die zuständigen Stellen in der Verwaltung fließen. Auf diese Weise kann die Kommune gezielt Maßnahmen ergreifen, um die Radinfrastruktur zu verbessern.
Die Grundidee hinter dem „Stadtradeln“ besteht darin, für eine umweltfreundliche Mobilität zu werben und gleichzeitig Daten zu sammeln, die der Verbesserung des Radverkehrs dienen sollen. Das Konzept hat sich in den letzten Jahren bundesweit etabliert. Im Idealfall wird aus der sportlich anmutenden Aktion eine ernstzunehmende Planungsgrundlage für Kommunen, die ihre Radinfrastruktur gezielt weiterentwickeln möchten.
Gleichzeitig steht die Initiative jedoch auch immer wieder in der Kritik. Manche Beobachter bezweifeln, dass die erhobenen Daten tatsächlich ausgewertet oder in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Es gebe Kommunen, so der Tenor, die sich durch ihre Teilnahme zwar als fahrradfreundlich inszenierten, ohne dass sich für Radfahrende vor Ort spürbare Verbesserungen ergeben. In solchen Fällen könne der Nutzen der Aktion mehr symbolischer Natur sein als tatsächlicher Fortschritt.
Ein weiteres häufig diskutiertes Argument richtet sich gegen die Art der Teilnahme: Kritiker werfen dem „Stadtradeln“ vor, dass es keinen verbindlichen Verzicht auf das Auto voraussetze. Es genüge, in der Freizeit ein paar Kilometer zu fahren und diese zu dokumentieren – ganz gleich, ob ansonsten weiterhin der Pkw genutzt werde. Damit verliere die Aktion aus ihrer Sicht an Glaubwürdigkeit, wenn sie sich als Beitrag zum Klimaschutz präsentiere, aber keinen echten Wandel im Mobilitätsverhalten verlange.
Das „Stadtradeln“ mag nicht die Probleme des Alltagsradverkehrs lösen. Doch es kann Denkanstöße liefern, Diskussionen anstoßen und – im besten Fall – Daten und Impulse liefern, aus denen später konkrete Verbesserungen entstehen. Die Voraussetzung dafür bleibt, dass Verwaltung und Bürger den Dialog aktiv pflegen. Dann könnte das, was als sportlicher Wettbewerb beginnt, auch langfristig für den ländlichen Raum ein Gewinn sein.
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