Die unendliche Geschichte vom vertagten Naturfriedhof in Ebern

Die Idee klingt einfach und modern: Ein Friedhof inmitten der Natur, unter Bäumen statt Grabsteinen, schlicht und naturnah, ohne Pflegeaufwand, aber mit Würde. Doch in Ebern hat sich diese scheinbar unstrittige Vorstellung zu einem Paradebeispiel für kommunalpolitische Trägheit, interne Reibereien und eine Debatte mit erstaunlich langem Atem entwickelt. Seit 2014 wird um das Projekt eines Naturfriedhofs gerungen – und noch immer ist kein Ende abzusehen. Elf Jahre Diskussion – und kein Friedhof in Sicht Was mit einer Initiative des SPD-Stadtrats Werner Riegel im Jahr 2014 begann, hat sich über die Jahre hinweg zu einer unendlichen Geschichte entwickelt. Der Stadtrat aus Albersdorf brachte damals die Idee eines Naturfriedhofs nahe dem idyllischen Käppele ins Spiel. Die Motivation: ein Begräbnisort, der dem Wunsch vieler Menschen nach einem schlichten, naturverbundenen Abschied gerecht wird. Doch der Boden am Käppele war lehmig – und damit für Urnenbestattungen ungeeignet. Die Diskussion ...

Lokaljournalismus auf dem Rückzug – wenn der Blick nur noch aus Haßfurt kommt


Es ist noch nicht so lange her, da konnte man in Ebern aus zwei Lokalzeitungen wählen, die beide mit eigenen Redaktionen in der Stadt vertreten waren. Sowohl die Neue Presse – einst unter dem traditionsreichen Namen Baunach- und Itzbote bekannt – als auch der Fränkische Tag hatten Büros vor Ort. Ähnlich war die Situation im nahen Hofheim i.Ufr., wo eine eigene Lokalredaktion ebenfalls fester Bestandteil des Stadtlebens war.

Diese Zeiten sind vorbei. Heute gibt es im gesamten Landkreis Haßberge nur noch eine einzige verbliebene Lokalredaktion: die der Main-Post in Haßfurt. Aus journalistischer Sicht bedeutet das einen einschneidenden Wandel. Denn mit dem Rückzug aus Ebern und Hofheim i.Ufr. verschiebt sich nicht nur der geografische Fokus der Berichterstattung. Auch inhaltlich ist zu beobachten, dass Themen aus Haßfurt zunehmend stärker gewichtet werden – etwa bei der Diskussion um die Krankenhausreform.

Ein Beispiel: Die Schließung der chirurgischen Station des Krankenhauses Ebern im Jahr 2021 wurde von vielen Bürgerinnen und Bürgern als herber Verlust empfunden. In der lokalen Presse hingegen war (und ist) dieses Thema oft genug nur Randnotiz. Die Haßberg-Kliniken bestehen zwar formal aus den beiden Standorten Ebern und Haßfurt – faktisch jedoch konkurrieren sie um Ressourcen, Personal und Patienten. Wenn dann noch die einzige Redaktion im Landkreis direkt in Haßfurt sitzt, ist es kein Wunder, dass die Berichterstattung mitunter Schlagseite bekommen kann.

Der Rückzug aus der Fläche ist kein Zufall, sondern Symptom eines tiefgreifenden Strukturwandels. Verlage sparen, Redaktionen werden zusammengelegt oder ganz geschlossen. Die Folge: Lokaljournalisten stehen unter wachsendem Druck – und müssen heute deutlich mehr Aufgaben in der selben Zeit bewältigen.

Laut Erhebungen verbringen Lokaljournalisten im Schnitt gerade einmal rund 40 Prozent ihres Arbeitstages mit dem klassischen journalistischen Kerngeschäft – also dem Recherchieren und Schreiben von Artikeln. Der Rest des Tages geht für administrative Tätigkeiten, Seitenproduktion, Textredaktion und Nachrichten-Selektion drauf. Allein auf das Erstellen und Umgestalten von Seiten entfällt im Schnitt ein Fünftel der täglichen Arbeitszeit. Selbst die reine Recherche kommt im Schnitt nur auf ein knappes Fünftel.

Dazu kommt, dass viele Themen in der Lokalberichterstattung keine klassischen „Muss-Themen“ sind. Anders als bei der überregionalen Politik oder großen gesellschaftlichen Debatten gibt es im Lokalen oft keinen festen Nachrichtenwert, der automatisch über Relevanz entscheidet. Stattdessen dominiert ein ganz anderer Druck: Der Druck, Seiten zu füllen – jeden Tag aufs Neue.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die personelle Ausdünnung der Redaktionen. Viele Lokalredaktionen verfügen schlicht nicht mehr über die Kapazitäten, um tiefergehende Geschichten zu recherchieren oder Missstände kritisch zu hinterfragen. Was bleibt, sind oftmals Beliebigkeitstexte – Berichte über Vereinsfeste, Ehrungen oder andere Events, die wenig journalistische Tiefe aufweisen. Das mag zwar den Informationsbedarf der Bevölkerung in gewissem Maße decken, doch von einer kritischen Begleitung des kommunalen Geschehens ist das weit entfernt.

Um zu verstehen, warum sich der Lokaljournalismus in einer solch angespannten Lage befindet, lohnt ein Blick hinter die Kulissen. Zunächst einmal gilt: Journalist ist kein geschützter Beruf. Während es für den Beruf des „Redakteurs“ durchaus klare rechtliche Vorgaben gibt, fehlt für den „Journalisten“ eine verbindliche staatliche Definition. Zwar versteht der Deutsche Journalistenverband (DJV) unter Journalismus die hauptberufliche Beteiligung an der Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Massenmedien – doch was das im Arbeitsalltag genau bedeutet, bleibt oft Auslegungssache.

Klar ist allerdings, dass Lokaljournalisten eine besondere Rolle zukommt. Sie berichten über das, was direkt vor der Haustür geschieht – und sie begegnen den Menschen, über die sie schreiben, oft am nächsten Tag im Supermarkt oder auf dem Rathausflur. Diese räumliche Nähe macht kritische Berichterstattung nicht gerade einfacher. Wer einem Bürgermeister gegenübersteht, den er am Vortag scharf kritisiert hat, muss mit Gegenwind rechnen – nicht selten direkt am eigenen Schreibtisch.

Das führt zu einer gewissen Zurückhaltung in der Berichterstattung. Manchmal ist es keine bewusste Zensur, sondern ein vorsichtiger Umgang mit heiklen Themen, der sich einschleicht. Ein kritischer Kommentar über lokale Missstände kann unangenehme Konsequenzen haben, etwa in Form von Leserbeschwerden, Anzeigenverlust oder persönlichen Konflikten.

Doch nicht jede Lücke im kritischen Journalismus lässt sich mit der sogenannten „Kuschelkritik“ erklären. Ein entscheidender Faktor sind die ökonomischen Rahmenbedingungen. Die journalistische Arbeit hat sich in den letzten Jahren massiv verändert – vor allem durch den Einzug digitaler Redaktionssysteme. Der klassische „Schreiberling“ ist heute ein Multitool: Er muss nicht nur recherchieren und schreiben, sondern auch redigieren, gestalten, verwalten und sortieren. Der Beruf hat sich diversifiziert – zulasten der Qualität.

Trotzdem halten viele Journalistinnen und Journalisten an einem hohen Anspruch fest. Neutraler Berichterstatter zu sein, steht bei ihnen ganz oben auf der Liste des beruflichen Selbstverständnisses. Gleich danach folgt das Ziel, Missstände aufzudecken – also eine kritische Funktion wahrzunehmen. Politische Meinungen haben im Nachrichtentext nichts zu suchen, es sei denn, es handelt sich klar um einen Kommentar oder eine Kolumne.

Fragt man Lokaljournalisten nach ihren Beweggründen für den Beruf, stehen zwei Dinge im Vordergrund: Der Wunsch zu schreiben – und die Suche nach Abwechslung und Spannung. Diese Motive spiegeln den inneren Antrieb vieler Medienschaffender wider: Sie wollen erzählen, aufdecken, berichten – mit Neugier und Leidenschaft. Der „missionarische Eifer“, etwa in Form von Wertevermittlung oder erzieherischem Einfluss, spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Und doch ist der Lokaljournalismus gerade in ländlichen Regionen mehr denn je auf Hilfe und Verständnis angewiesen. Denn wenn die letzten Redaktionen verschwinden und lokale Themen nur noch aus zentralen Perspektiven betrachtet werden, dann droht nicht nur eine inhaltliche Verengung. Es verliert auch die Demokratie auf kommunaler Ebene an Tiefe. Denn nur, wer informiert ist, kann mitreden – und mitentscheiden. Und genau das ist der eigentliche Wert des Lokaljournalismus.

Kommentare