Krankenhaus Ebern: Haßberge-ÖDP trägt Schließung mit


Ein Kreisrat der ÖDP im Landkreis Haßberge hat auf der Plattform „OpenPetition“ [➚] eine Stellungnahme zur geplanten Schließung des Krankenhauses Ebern abgegeben – und sorgt damit für Diskussion. Die Plattform hatte zuvor 48 Kreisräte mit bekannten E-Mail-Adressen angeschrieben, nachdem eine Petition zum Erhalt des Hauses das notwendige Quorum erreicht hatte. Pikant ist der Vorgang vor allem deshalb, weil die Haßberge-ÖDP auf ihrer Website [➚] mit dem Motto „Mensch vor Profit!“ wirbt, im konkreten Fall aber der Schließung zustimmt.

Zum 31.12.25 soll das Krankenhaus Ebern seine Türen endgültig schließen – beschlossen vom Verwaltungsrat der Haßberg-Kliniken, in dem die Kreisräte sitzen. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist der Verlust ihrer wohnortnahen Klinik ein Schock. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie glaubwürdig die Haltung der ÖDP im Landkreis Haßberge ist, wenn Anspruch und Realität so weit auseinanderliegen.

Bürgerinitiative und offene Fragen

Der Anlass: Eine Petition auf der Plattform „OpenPetition“, die sich für den Erhalt des Krankenhauses Ebern starkmacht, hat das erforderliche Quorum erreicht. Damit waren die Kreisräte des Landkreises Haßberge aufgefordert, Stellung zu beziehen. Unter den 48 angeschriebenen Kreisräten meldete sich auch der Kreisvorsitzende der ÖDP Haßberge zu Wort – allerdings erst nach längerer Bedenkzeit.

Seine Worte klingen resigniert: „Auch ich hätte das Eberner Krankenhaus und damit die stationäre Versorgung vor Ort gerne erhalten. Jeder wünscht sich ein Krankenhaus in der Nähe und damit auch kurze Wege für Patienten und Besucher. Jedoch kann Gesundheitspolitik kommunal nur sehr begrenzt beeinflusst werden“, erklärte er auf der Petitionsplattform.

Die Kernbotschaft seiner Stellungnahme: Die Kommunen seien machtlos, die entscheidenden Weichen würden auf Länder- und Bundesebene gestellt. Vor Ort sei alles versucht worden, um das Krankenhaus Ebern zu retten, die Finanzierungslücken aber seien schlicht nicht zu schließen. „Leider sieht die Zukunft nicht besser aus, im Gegenteil: Im Zuge der Krankenhausreform wird das Fortbestehen für kleine Krankenhäuser immer schwieriger und es werden wohl noch viele kleinere Häuser schließen müssen“, so der Kreisvorsitzende weiter.

Die Zahlen hinter der Schließung

Das Krankenhaus Ebern bildet gemeinsam mit dem Krankenhaus Haßfurt die „Haßberg-Kliniken“, ein Kommunalunternehmen des Landkreises. Schon seit Jahren kämpfen die Kliniken mit Defiziten, die der Landkreis regelmäßig ausgleichen muss – mit Millionenbeträgen aus dem ohnehin angespannten Kreishaushalt.

Im Jahr 2021 wurde in Ebern die stationäre Chirurgie geschlossen. Damit brach ein wesentlicher Teil des Patientenzustroms weg. Zurück blieb lediglich die Innere Medizin mit 50 Betten. Zugleich wurde versprochen, im Gebäude eine Kurzzeitpflegestation einzurichten – ein Vorhaben, das bis heute nicht umgesetzt wurde.

Fachleute sehen genau in dieser Entscheidung die Wurzel der aktuellen Misere. Denn mit dem Wegfall der Chirurgie sank nicht nur die Zahl der Behandlungen, sondern auch die Attraktivität des Krankenhauses Ebern insgesamt. „Die Wiedereröffnung der chirurgischen Station wäre die einfachste Lösung gewesen, um das Krankenhaus wirtschaftlich zu stabilisieren“, heißt es von Kritikern wie der „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“.

Stattdessen griff das sogenannte „Zukunftskonzept“ aus dem Jahr 2021 zu kurz: Es konzentrierte sich ausschließlich auf internistische Behandlungen. Ein fataler Fehler, denn internistische Erkrankungen erfordern oft begleitende chirurgische Eingriffe. Diese müssten in Ebern gegebenenfalls ambulant im dortigen MVZ erfolgen – was wegen der strikten Sektorentrennung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung nicht praktikabel war.

Die Hürden der Sektorentrennung

Die starre Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ist ein Dauerthema in der deutschen Gesundheitspolitik. Sie führt dazu, dass Krankenhäuser Leistungen nicht flexibel kombinieren dürfen. Ein Patient, der internistisch aufgenommen wird, kann nicht gleichzeitig ambulant chirurgisch im Krankenhaus behandelt werden – weil das System eine Doppelvergütung verbietet.

Das bedeutete: Wer stationär aufgenommen war, konnte chirurgische Eingriffe nicht im selben Haus erhalten. Für viele Patienten war das ein Abschreckungsfaktor, der sie gleich in größere Kliniken in der Umgebung trieb.

„Dieser Webfehler im Zukunftskonzept hat von Anfang an verhindert, dass sich das Krankenhaus Ebern stabilisieren konnte“, kritisieren Beobachter. „Hätte man die Chirurgie behalten, wäre das Haus für die Bevölkerung viel attraktiver geblieben.“

Verantwortung zwischen Bund, Land und Landkreis

Die Stellungnahme der ÖDP im Landkreis Haßberge verweist vor allem auf Bund und Land. Die Kommunen seien Opfer der bundesweiten Krankenhausreform, so die Argumentation. Tatsächlich plante Ex-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine umfassende Neustrukturierung. Kleine Häuser auf dem Land hatten und haben dabei besonders schlechte Karten.

Es gilt dagegenzuhalten: In Bayern verpflichtet die Landkreisordnung die Kreise ausdrücklich, eine ausreichende Krankenhausversorgung sicherzustellen. Auch das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes verpflichte zur Daseinsvorsorge. Und schließlich gibt es eine Vorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses, wonach Krankenhäuser innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein müssen – Punkte, die der ÖDP-Kreisrat in seiner Stellungnahme nicht erwähnte.

„Es ist zu einfach, den Schwarzen Peter allein nach Berlin zu schieben“, heißt es aus der Bevölkerung. „Die Verantwortung liegt auch hier vor Ort.“

Anspruch und Wirklichkeit der ÖDP

Besonders auffällig ist die Diskrepanz zwischen der Haltung des Kreisverbands Haßberge und den bundesweiten Forderungen der ÖDP [➚]. So erklärte die Bundesarbeitskreis-Vorsitzende für Gesundheit, Christine Mehlo-Plath, bereits im August 2024: „Jeder Mensch sollte wohnortnah Zugang zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen Grundversorgung haben, inklusive Notaufnahme, Geburtshilfe, Kinder- und Palliativmedizin.“ Die Ökonomisierung der Kliniken sei ein „Irrweg“.

Die Bundesvorsitzende Charlotte Schmid forderte: „Es braucht mehr Geld im System. Die Gesundheit der Menschen muss an vorderster Stelle stehen.“ Auf Bundesebene zeigt sich die ÖDP also kämpferisch, stellt sich gegen eine rein wirtschaftliche Logik und will das „Ausbluten der medizinischen Infrastruktur“ stoppen.

Ganz anders im Landkreis Haßberge. Auf der Website des ÖDP-Kreisverbands finden sich zu „Krankenhausreform“ und „Haßberg-Kliniken“ kaum Inhalte. Lediglich eine Randnotiz weist darauf hin, dass man Zuschüsse für den Verkehrslandeplatz Haßfurt lieber in die Kliniken stecken wollte.

Ein Konflikt, der die Menschen bewegt

Wenn man – wie etliche Kreisräte – in unmittelbarer Nähe zum Haßfurter Krankenhaus wohnt, mag es leicht fallen, die Schließung von Ebern zu akzeptieren. Für die Betroffenen in den anderen Teilen des Landkreises aber ist der Weg in die nächste Klinik weit. Zwischen politischem Anspruch, wirtschaftlichen Zwängen und menschlichen Bedürfnissen tut sich ein tiefer Graben auf. Ob die Argumente des ÖDP-Kreisrates als Erklärung ausreichen, mag man bezweifeln. Die Debatte über Verantwortung, über Reformen und über die Zukunft der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum ist damit längst nicht beendet.

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