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Kaum mehr als zwanzig Besucher verirrten sich am Montagnachmittag, 27.10.25, in die Frauengrundhalle in Ebern. Dort tagte ausnahmsweise der Kreistag des Landkreises Haßberge, um die Bevölkerung über die anstehende Schließung des Krankenhauses Ebern zu informieren. Die weiträumig aufgestellten Stuhlreihen blieben großteils leer, und das, obwohl die Veranstaltung wohl als Bürgernähe verstanden werden wollte.
Schon im Vorfeld war in der Stadt und den umliegenden Gemeinden diskutiert worden. In Gesprächen auf den Straßen, in Geschäften oder in sozialen Medien habe man mitunter die Frage gehört: Soll man hingehen oder nicht? Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich dagegen entschieden, wie nun festzustellen ist. Nicht nur der frühe Beginn um 14:00 Uhr habe sie abgehalten – auch die Aussicht, als Zuhörerinnen und Zuhörer keine Möglichkeit zur Wortmeldung zu haben, habe abgeschreckt. So blieb der Versuch, Transparenz zu zeigen, am Ende ein weitgehend einsames Ereignis.
Eine Sitzung, die kaum jemand sehen wollte
Wer an diesem Montagnachmittag dennoch den Weg in die Halle fand, erlebte eine nüchterne Atmosphäre. Die Mitglieder des Kreistags nahmen ihre Plätze ein und nur vereinzelt suchten sich Bürgerinnen und Bürger einen Stuhl. Landrat Wilhelm Schneider (CSU) eröffnete die Sitzung und versuchte, die Krankenhausschließung in Ebern als notwendigen, wenn auch schmerzhaften Prozess darzustellen.
Er betonte, dass man die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen habe. Das Krankenhaus Ebern, so der Landrat, sei über Jahre hinweg defizitär gewesen – und der Landkreis Haßberge könne die finanziellen Verluste langfristig nicht mehr tragen. Zugleich verwies Schneider auf die Bemühungen, eine ambulante Versorgung vor Ort sicherzustellen.
Die Zuhörer reagierten still, es dominierte ein Gefühl der Enttäuschung. Beobachter sprachen danach von Resignation, manche auch von einer „kollektiven Ernüchterung“. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, so war im Ort zu hören, hätten ohnehin nicht mehr damit gerechnet, dass die Sitzung noch etwas am Schicksal des Hauses ändern könnte. Das Ende des Krankenhauses Ebern sei längst beschlossen, und die Entscheidung sei wohl unwiderruflich.
Vom Kliniknetz zum Ein-Standort-Betrieb
Die Haßberg-Kliniken, das kommunale Krankenhausunternehmen des Landkreises, betrieben einst drei Krankenhäuser. Nach der Schließung des Krankenhauses Hofheim i.Ufr. blieb zuletzt noch der Standort Ebern neben dem Krankenhaus in Haßfurt übrig. Nun soll auch Ebern zum 31.12.25 schließen. Die finanzielle Schwäche des Landkreises Haßberge mache es unmöglich, zwei Krankenhausstandorte dauerhaft zu betreiben.
Die Gemeinden im östlichen Landkreis Haßberge – darunter die Stadt Ebern, Pfarrweisach, Untermerzbach, Rentweinsdorf, Maroldsweisach, Kirchlauter und Breitbrunn – müssen nun über ihre Kreisumlagen weiterhin zur Deckung des Defizits in Haßfurt beitragen, obwohl ihr eigenes Krankenhaus verschwindet.
Kein zentraler Krankenhausstandort im Landkreis
Bedenklich auch, dass es aus diesen Gemeinden keinen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zum Krankenhaus in Haßfurt gibt. Wer künftig dort behandelt werden möchte, ist auf private Fahrmöglichkeiten angewiesen. Für ältere oder weniger mobile Menschen könnte das zur echten Herausforderung werden – zumal die Entfernung von Ebern nach Haßfurt rund 30 Kilometer beträgt.
Auch die Situation vor Ort in Haßfurt sorgt für Kritik. Die Parkplätze am dortigen Krankenhaus seien kostenpflichtig und relativ teuer, was Patienten und Angehörige zusätzlich belaste. Vertreter der Krankenhausverwaltung verteidigten die Gebühren schon früher mit dem Hinweis auf die angespannte Haushaltslage.
Kein Kompromiss trotz Leerstand in Ebern
Schmerzhaft ist für viele Ebernerinnen und Eberner wohl auch, dass der Landkreis Haßberge kein Sektorenübergreifendes Versorgungszentrum im künftig weitgehend leerstehenden Eberner Krankenhausgebäude plant. Ein solches Modell, das ambulante und teilstationäre Leistungen verbinden würde, war zwischenzeitlich als möglicher Kompromiss im Gespräch. Nun soll es nicht einmal dazu kommen.
Stattdessen verweist der Landrat auf das bestehende Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Ebern. Dieses biete eine ambulante fachärztliche Versorgung, einschließlich eines kleinen Bereichs für ambulante Operationen. Doch Fachleute und Kritiker betonen, dass ein MVZ kein Ersatz für ein Krankenhaus ist. Ohne stationäre Betten könnten dort nur einfachste Eingriffe durchgeführt werden. Das ambulante OP-Zentrum im Krankenhaus Haßfurt sei hingegen deutlich größer ausgestattet und verfüge zusätzlich über die Möglichkeit stationärer Nachbehandlung – ein entscheidender Unterschied.
Warum Ebern sein Krankenhaus verliert
Der Landrat des Landkreises Haßberge, Wilhelm Schneider (CSU), hat die Schließung des Eberner Hauses in den vergangenen Wochen mehrfach öffentlich verteidigt. In Stellungnahmen erklärte er, die Entscheidung sei Teil einer strategischen Neuausrichtung. Ziel sei es, die verbliebenen Ressourcen zu bündeln und vor allem die wirtschaftliche Stabilität der Haßberg-Klinik in Haßfurt zu sichern.
Demnach hätte der Standort Ebern eine zu geringe Auslastung verzeichnet. Der Kostendruck im Gesundheitswesen und die steigenden Auflagen hätten die Situation weiter verschärft. Für den Landkreis Haßberge sei die dauerhafte Finanzierung eines zweiten Krankenhauses nicht mehr vertretbar gewesen, wobei solche Stimmen hauptsächlich von Kreisräten aus dem Altlandkreis Haßfurt zu vernehmen waren.
Kritiker warfen Schneider und dem Kreistag bereits länger vor, zu früh vollendete Tatsachen geschaffen zu haben. Schon lange vor der offiziellen Entscheidung habe es Signale gegeben, dass die Kreisverwaltung kaum noch ernsthaft Alternativen prüfe. Auch die Idee, im Krankenhausgebäude ein Sektorenübergreifendes Versorgungszentrum zu etablieren, sei nach Ansicht vieler Bürger/innen zu schnell verworfen worden. Zudem sei die Schließung der chirurgischen Station im Jahr 2021 ein wesentlicher Grund für den Patientenrückgang in Ebern gewesen. Die damalige Teilschließung war offiziell als Zukunftskonzept dargestellt worden.
In Verwaltungskreisen wurde nun betont, dass der Landkreis Haßberge angesichts der strukturellen Probleme des Gesundheitssystems kaum Handlungsspielraum habe. Bund und Land stellten die Kommunen vor immer neue Herausforderungen, während die finanziellen Mittel schrumpften. Viele kleinere Häuser in Bayern kämpften derzeit mit den selben Schwierigkeiten. Dennoch bleibt die Frage, ob gerade im ländlichen Raum die Zentralisierung der medizinischen Versorgung wirklich der richtige Weg ist.
In Ebern und den umliegenden Gemeinden überwiegt daher der Eindruck, man habe sich vom Landkreis Haßberge im Stich gelassen gefühlt. In sozialen Netzwerken sprach man von einem Verlust auf ganzer Linie. Nicht nur das Krankenhaus gehe verloren, sondern auch ein Stück Selbstverständnis der Region. Der Ort verliere eine wichtige Einrichtung, die über Jahrzehnte Sicherheit und medizinische Nähe garantiert habe. Einige User hätten gehofft, wenigstens ein kleines Signal des Entgegenkommens zu erhalten – doch selbst das sei ausgeblieben.
Petition als Reaktion
Als Reaktion wurde von der „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ eine Petition mit dem Titel „Erhalt der Haßberg-Klinik Ebern und Wiedereröffnung der stationären Chirurgie“ [➚] gestartet, die bis jetzt fast 2.400 Unterstützende zählt. Die Initiative zeigt, dass die Bevölkerung in und um Ebern den Kampf um ihr Krankenhaus noch nicht aufgegeben hat.
Denn die Bevölkerung im östlichen Teil des Landkreises Haßberge sieht sich mit einer neuen Realität konfrontiert: Längere Wege, höhere Kosten und ein Gefühl der Entfremdung von der Kreispolitik. Zumal der demografische Wandel den Bedarf an wohnortnaher Versorgung eher steigen als sinken lässt.
So bleibt nach der Kreistagssitzung vom 27.10.25 ein eigenartiger Nachgeschmack. Der Versuch, Transparenz zu schaffen, stieß auf Desinteresse – vielleicht auch, weil viele Menschen sich bereits innerlich verabschiedet hatten. Die Region Ebern verliert nicht nur ein Krankenhaus, sondern ein Stück Identität. Was bleibt, ist die nüchterne Bilanz eines Landkreises, der sich aus rein wirtschaftlichen Gründen von einer seiner wichtigsten Einrichtungen trennt – und einer Bevölkerung, die das Gefühl hat, dass ihr kaum noch jemand zuhört.
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