App gegen den Herztod – Ebern ist noch nicht dabei


Die Idee klingt einfach, die Umsetzung verspricht Leben zu retten: Wer in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet, könnte künftig schneller Hilfe bekommen – nicht nur vom Rettungsdienst, sondern auch von professionellen Ersthelferinnen und Ersthelfern, die sich über eine Smartphone-App alarmieren lassen. Doch während Städte wie Nürnberg seit dem 1.10.25 die „Region der Lebensretter“-App [➚] eingeführt haben, zeigt ein Blick auf die Karte: Ebern gehört weiterhin zu den weißen Flecken.

In der Region um Ebern ist das Problem wohl vielschichtig. Zum einen fehlen möglicherweise Helferinnen und Helfer, die sich in der App registrieren. Zum anderen ist das Krankenhaus Ebern von der Schließung bedroht – zum Jahresende soll es nach einem Beschluss des Verwaltungsrats der Haßberg-Kliniken seine Türen schließen. Eine Petition [➚] versucht zwar, den Standort zu erhalten. Doch wenn die Klinik tatsächlich verschwindet, entsteht in der wohnortnahen Versorgung eine erhebliche Lücke. Für Menschen, die auf schnelle Hilfe angewiesen sind, könnte das gravierende Folgen haben.

Hinzu kommt, dass der Landkreis Haßberge, zu dem Ebern gehört, bislang nicht am System der „Region der Lebensretter“ teilnimmt. Auf der offiziellen Karte der Initiative sind rund um Ebern deutliche Lücken zu erkennen: Während Coburg und Kronach schon dabei sind, genauso wie weite Teile Baden-Württembergs und seit kurzem auch Nürnberg, klaffen in den Landkreisen Haßberge, Bamberg und Schweinfurt große weiße Flecken. Dort fehlt bislang jede Anbindung an das digitale Ersthelfer-Netzwerk.

Die Notwendigkeit schneller Hilfe ist unbestritten. Nach Angaben der Initiative erleiden jedes Jahr mehr als 50.000 Menschen in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand – eine der häufigsten Todesursachen im Land. Nur rund zehn Prozent überleben den Notfall. Hauptgrund: Die Zeit, die bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes vergeht. Dieser braucht im Durchschnitt acht bis 15 Minuten, um beim Patienten einzutreffen. In nur 20 Prozent der Fälle gelingt es, innerhalb von acht Minuten nach dem Notruf am Einsatzort zu sein.

Doch gerade diese Minuten entscheiden über Leben und Tod. Denn schon nach drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoffversorgung sterben Gehirnzellen unwiderruflich ab. Das bedeutet: Jede Minute zählt.

Hier setzt die App an. Sie soll die Überlebenschance der Betroffenen verdoppeln oder sogar vervierfachen, indem registrierte Ersthelfer alarmiert werden, die sich in unmittelbarer Nähe des Notfalls befinden. Laut Verein „Region der Lebensretter e. V.“ könnten auf diese Weise jedes Jahr zusätzlich bis zu 10.000 Leben gerettet werden.

Zum Start in Nürnberg am 1.10.25 waren bereits 150 qualifizierte Ersthelferinnen und Ersthelfer registriert. Diese Zahl soll schnell steigen. Gesucht werden vor allem medizinisch geschulte Personen – etwa aus dem Rettungsdienst, von Feuerwehr oder aus Krankenhäusern. Auch Fachkräfte aus Pflegeberufen können sich anmelden.

Das System selbst wurde bereits 2018 vom Verein „Region der Lebensretter e. V.“ entwickelt. Die Idee: Bei einem Notruf über die 112, wenn das Schlagwort „Reanimation“ fällt, schaltet sich automatisch die App ein. Parallel zum Rettungsdienst werden vier Helfer alarmiert, die am schnellsten vor Ort sein können.

Ein intelligenter Algorithmus entscheidet, wer den Alarm erhält. Dabei spielt nicht nur der Standort eine Rolle, sondern auch, wie sich die Helfenden bewegen – ob sie zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto unterwegs sind. Zudem berücksichtigt die App, ob sich in der Nähe ein automatisierter Defibrillator (AED) befindet. In Städten wie Nürnberg wird das System mit einem Netz öffentlich zugänglicher Geräte verknüpft, die von den Ersthelfern genutzt werden können.

Das Besondere an der „Region der Lebensretter“ ist ihre Reichweite. Seit 2022 funktioniert die Alarmierung unabhängig von Landkreis- oder Leitstellengrenzen. Wer also registriert ist, kann theoretisch überall in Deutschland helfen – ob im Urlaub, auf dem Weg zur Arbeit oder in der Freizeit. Ein großes Netzwerk, das im Ernstfall Leben retten kann.

Doch damit es funktioniert, müssen möglichst viele Regionen angeschlossen sein. Genau hier zeigt sich das Problem für Orte wie Ebern. Ohne die Anbindung an das System und ohne ausreichend registrierte Helfer bleibt die App wirkungslos. Während in Nürnberg der Startschuss gefallen ist und bereits ein Netz von Defibrillatoren aufgebaut wird, bleibt im Raum Haßberge weiterhin eine Versorgungslücke.

Die Kartenansicht [➚] auf der Website der „Region der Lebensretter“ macht deutlich, wie ungleich die Verteilung in Deutschland noch ist. Während Ballungsräume und viele Gebiete in Baden-Württemberg gut versorgt sind, zeigen sich in Nordbayern deutliche weiße Flecken. Für die Menschen in Ebern bedeutet das: Sie sind im Ernstfall weiterhin auf die herkömmlichen Rettungswege angewiesen – und damit auf wertvolle Minuten, die über Überleben oder Tod entscheiden können.

Mit der verantwortungslosen Schließung des Krankenhauses Ebern spitzt sich die Lage weiter zu. Für Experten ist klar, dass schnelle Ersthilfe entscheidend ist. Doch ob die „Region der Lebensretter“ bald auch in Ebern auf der Karte erscheint, ist derzeit ungewiss.

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