Krankenhaus Ebern im Bayerischen Landtag: Es geht um alles oder nichts!

Am Dienstag, den 11.11.25 wird die Petition „Erhalt der Haßberg-Klinik Ebern und Wiedereröffnung der stationären Chirurgie“ [➚] im Gesundheitsausschuss des Bayerischen Landtags beraten. Diese Petition war im Sommer 2025 von der „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ eingereicht worden und hat seitdem sowohl die öffentliche als auch die politische Diskussion über die Zukunft des Krankenhauses Ebern angeheizt. Ziel der Petition ist es, sich gegen die Schließung der Klinik zum Jahresende 2025 zu stellen und insbesondere die Wiedereröffnung der stationären Chirurgie zu fordern. Die Sitzung zur Beratung der Petition ist für den Nachmittag des 11.11.25 anberaumt und wird im Maximilianeum, dem Sitz des Bayerischen Landtags, in Saal 2 stattfinden. Ab 13:30 Uhr werden die Mitglieder des Gesundheitsausschusses die Petition, die von Klaus Emmerich und anderen Akteuren der „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ unterstützt wird, prüfen und möglicherweise Empfehlungen abg...

Wenn das Windrad der Kirche die Schau stiehlt – Fragen zum Tourismus in Ebern


Wer an einem klaren Herbstmorgen von Sandhof kommend die schmale Straße Richtung Eberner Altstadt hinüberfährt, erlebt seit Kurzem eine Überraschung. Wo früher die Türme der Stadtpfarrkirche und der Stadtbefestigung sowie die Dächer der Altstadt den Blick bestimmten, ragt heute ein gewaltiges Windrad in den Himmel – so hoch, dass es scheint, als stünde es direkt schräg hinter der Kirche. Ein fiktiver Besucher, der nach längerer Zeit wieder nach Ebern kommt, mag im ersten Moment kaum glauben, was er sieht. Vielleicht murmelt er etwas von „Das gab’s doch letztes Jahr noch nicht“ – und er hätte recht. Denn dieses neue Windrad steht tatsächlich erst seit wenigen Monaten, und es prägt das Bild der Stadt nun auf eine Weise, die niemand übersehen kann.

Das Windrad befindet sich nicht etwa im Stadtgebiet selbst, sondern auf dem Bretzenstein, einem Höhenzug zwischen Ebern und Untermerzbach. Rund 3,5 Kilometer Luftlinie trennen die Anlage von der Eberner Stadtpfarrkirche. Doch diese Entfernung genügt nicht, um die Wirkung zu mildern: Mit einer Gesamthöhe von 246,60 Metern überragt das Windrad alles, was die Landschaft sonst zu bieten hat. Für viele, die sich mit der historischen Stadtsilhouette von Ebern verbunden fühlen, ist das ein ungewohnter Anblick. Besonders aus Richtung Sandhof betrachtet wirkt es, als hätten sich Tradition und Moderne in einem eher unglücklichen Wettstreit um die Vorherrschaft am Horizont verfangen.

Die Altstadt von Ebern, geprägt von mittelalterlichen Mauern und Fachwerkhäusern, galt lange als ein Ort, an dem man das Bild einer gewachsenen Kleinstadt noch in Ruhe studieren konnte. Nun scheint der neue Riese auf dem Bretzenstein dieses Gleichgewicht zu stören. Selbst Menschen, die sich ausdrücklich nicht als Gegner der Windkraft verstehen, äußern ihr Befremden über die Dominanz der Anlage. Die Frage, wie sich Windräder und Tourismus vertragen, wird im Eberner Land plötzlich sehr konkret.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass Ebern in den vergangenen Jahren einige Rückschläge hinnehmen musste. Nach dem Verlust des Amtsgerichts, dem Abzug der Bundeswehr, Stellenstreichungen beim Automobilzulieferer Valeo und zuletzt der Schließung des Krankenhauses konnte man vielleicht hoffen, im Tourismus einen neuen wirtschaftlichen Schwerpunkt aufbauen zu können. Die Voraussetzungen dafür schienen gar nicht so schlecht: eine intakte Altstadt, umgeben von sanften Hügeln, Burgruinen und Wanderwegen im Naturpark. Doch nun ist zu fürchten, dass gerade diese landschaftliche Idylle Schaden nimmt.

Das Windrad auf dem Bretzenstein steht im Naturparkgebiet, ein Umstand, der in der öffentlichen Diskussion bisher kaum Beachtung fand. Und es könnte erst der Anfang sein. Im Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Ebern vom 21.3.25 war zu lesen, dass auf dem Höhenzug ein sogenanntes Windvorranggebiet ausgewiesen werde. Laut Mitteilung könnten dort vier bis fünf weitere Windkraftanlagen entstehen. Sollte das tatsächlich geschehen, wäre die Eberner Stadtsilhouette künftig dauerhaft eingerahmt von einer ganzen Reihe rotierender Riesen.

Für die touristische Entwicklung stellt sich nun die Frage, ob ein solcher Anblick Besucher anlocken oder eher abschrecken wird. Wissenschaftler des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie an der Leibniz Universität Hannover untersuchten bereits im Jahr 2015 [➚] den Zusammenhang zwischen Windkraftanlagen und Tourismus. Ihre flächendeckende Analyse für ganz Deutschland kam zu dem Ergebnis, dass Windräder im Umkreis von bis zu 20 Kilometern durchaus negative Effekte auf die touristische Nachfrage haben können.

Die touristische Struktur von Ebern ist ohnehin eher klein. Wer hier übernachtet, tut das meist aus praktischen Gründen – weil Verwandte besucht werden, weil ein Handwerker einen Auftrag hat oder weil Geschäftsreisende auf der Durchreise sind. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt nur bei ein bis zwei Tagen. Klassische Urlaubsgäste, die gezielt wegen der Landschaft, der Burgruinen oder der Ruhe kommen, stellen eher die Minderheit dar. Gerade sie aber könnten sich künftig anders orientieren, wenn die Aussicht vom Ferienwohnungsbalkon von einem 246,60 Meter hohen Windrad beherrscht wird.

Manche Anwohner berichten schon jetzt, dass der Anblick der sich drehenden Rotorblätter kaum zu übersehen sei. Wer seine Terrasse oder den Balkon nach Osten in Richtung Bretzenstein hat, müsse sich an das ständige Kreisen erst gewöhnen – falls das überhaupt gelingt. Nicht wenige empfinden das neue Windrad als störend, weil es wie ein Fremdkörper wirkt.

Gleichzeitig wird im Eberner Land seit Jahren darüber gesprochen, dass das touristische Potenzial der Region längst nicht ausgeschöpft sei. Es fehle, so sagen Kenner, an Sichtbarkeit. Wer nicht sichtbar sei, werde auch nicht besucht. Und tatsächlich: Autofahrer, die auf den Bundesstraßen B 279, B 4 oder B 303 unterwegs sind, bekommen von den Sehenswürdigkeiten rund um Ebern kaum etwas mit. Die Burgruinen Altenstein, Lichtenstein, Rotenhan, Bramberg oder Raueneck liegen zwar idyllisch in der Landschaft, sind aber schlecht ausgeschildert. Meist finden sich nur kleine Hinweistafeln, die eher Wanderern als Autofahrern auffallen.

An den Autobahnen fehlt jeder Hinweis auf die Region. Während es für Orte wie Zeil am Main, Königsberg oder Eltmann touristische Hinweistafeln gibt – jene braunen Schilder mit Piktogrammen, die auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam machen sollen – bleibt Ebern außen vor. Wer auf der Autobahn unterwegs ist, erfährt nichts über die historische Altstadt, die Burgruinen oder die Veranstaltungen, die das Jahr über stattfinden. So kommt es, dass viele Besucher einfach vorbeifahren, ohne zu ahnen, welche kulturellen und landschaftlichen Schätze hier verborgen liegen.

Das, so sagen manche, sei kein neues Problem. Einheimische hätten sich längst daran gewöhnt, dass ihr Ort im touristischen Gesamtbild der Haßberge kaum vorkommt. Auch die offizielle Zugehörigkeit zur Dachmarke „Haßberge Tourismus“ werde von einigen kritisch gesehen. Denn der Name „Haßberge“, so wird argumentiert, wecke bei auswärtigen Gästen oft unklare Assoziationen. „Haßberge“ und „Haßfurt“ klängen für viele einfach zu ähnlich – ein Effekt, der auch bei anderen Städten wie „Kulmbach“ und „Kronach“ bekannt ist.

Kommunalpolitiker verweisen in solchen Diskussionen gerne auf das „persönliche Engagement“ der Bürger. Doch damit allein lasse sich keine nachhaltige touristische Entwicklung gestalten, sagen Fachleute. Entscheidend sei, die Menschen dort zu erreichen, wo sie unterwegs sind – also auf den Straßen, auf denen sie reisen. Professionell gestaltete Hinweistafeln könnten hier mehr bewirken als viele Imagekampagnen. Sie würden nicht nur Gästen, sondern auch Einheimischen zeigen, welche Orte und Geschichten die Region zu bieten hat.

Ein Beispiel, wie so etwas funktionieren könnte, sind die braunen Hinweisschilder an den Autobahnen, die auf touristische Ziele aufmerksam machen. Für das Eberner Land gibt es bislang kein solches Schild. Dabei wäre ein Piktogramm mit dem Schriftzug „Altstadt Ebern – Tor zum Burgenwinkel“ oder „Burgruinen im Eberner Land“ leicht umsetzbar. In anderen Regionen sind solche Tafeln längst selbstverständlich. Hier aber fehlen sie – ebenso wie eine überregionale Sichtbarkeit.

Daneben entstehen in der Stadt neue Bauprojekte, die den Tourismus allerdings kaum fördern dürften. Der Neubau der Landesbaudirektion in der Bahnhofstraße, ein funktionaler Zweckbau ohne architektonischen Reiz, fügt sich zwar in die moderne Verwaltungslandschaft ein, bleibt aber für Besucher uninteressant. Es sind vor allem die historischen Gebäude und die landschaftliche Lage, die Ebern für Gäste attraktiv machen könnten – sofern sie in den Prospekten nicht von einem riesigen Windrad überstrahlt werden.

Im Hintergrund dieser Debatte steht eine zentrale Frage: Wie will sich Ebern künftig positionieren? Soll die Stadt ein Ort moderner Energieproduktion sein – oder ein Reiseziel für Menschen, die Erholung und Geschichte suchen? Beides muss sich nicht zwingend ausschließen. Doch wer in Zukunft als Reisender den Blick auf Ebern richtet, wird das Windrad auf dem Bretzenstein unweigerlich sehen – ob gewollt oder nicht.

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