Am Montag, 16.12.2024, wurde im Kreistag Haßberge das Ergebnis der neuen „Medizinstrategie“ der Haßberg-Kliniken – auf Basis eines Strukturgutachtens – vorgestellt, das die Zukunft der Haßberg-Kliniken mit den Standorten Haßfurt und Ebern maßgeblich beeinflussen soll. Die Präsentation machte deutlich, dass sich vor allem für den Krankenhausstandort Ebern grundlegende Änderungen abzeichnen, während Haßfurt als Zentrum der stationären Versorgung aufgewertet werden soll.
Ambulant in Ebern, stationär in Haßfurt
Die Krankenhauslandschaft steht bundesweit vor großen Herausforderungen, und auch die Haßberg-Kliniken müssen sich an die neuen Strukturvorgaben der Krankenhausreform anpassen. Für den Standort Ebern bedeutet dies voraussichtlich, dass die Internistische Station nicht mehr weiterbetrieben werden kann. Laut der Klinik-Vorstandsvorsitzenden Regina Steenbeek-Schacht sind die neuen Anforderungen, wie etwa eine Sechs-Betten-Intensivstation, nicht erfüllbar. Stattdessen soll der Standort Ebern zu einem Facharzt- und Pflegezentrum umgestaltet werden, das vor allem ambulante und pflegerische Leistungen anbietet.
In Haßfurt hingegen wird die stationäre Krankenhausversorgung weiter gestärkt. Der Fokus liegt hier auf fünf zentralen Abteilungen: Notfallmedizin, Intensivmedizin und Anästhesie; Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin; Visceralmedizin; Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Unfallchirurgie und Orthopädie.
Landrat Wilhelm Schneider verteidigte die Entscheidung mit den Worten: „Die Menschen interessiert nicht der Standort, sondern, dass ihnen schnell mit einer guten Versorgung geholfen wird.“ Doch diese Aussage stößt in Ebern auf Widerspruch. Dort ist die Sorge um den Krankenhausstandort spürbar groß. Kritiker wie die „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ sahen die Entwicklung als vorhersehbar an und hatten bereits früher vor einem Rückbau gewarnt.
Schrumpfende Patientenzahlen und wirtschaftlicher Druck
Die Haßberg-Kliniken betreiben an beiden Standorten rund 200 Betten und verzeichneten im Jahr etwa 8.200 Fälle. Ihr Einzugsgebiet erstreckt sich überwiegend auf den Landkreis Haßberge, aus dem 87,4 Prozent der Patienten stammen. Der geringe Anteil externer Patienten aus Schweinfurt und Bamberg erkläre sich durch die hochentwickelte medizinische Infrastruktur in diesen größeren Städten und Landkreisen.
Hinzu komme eine prognostizierte Bevölkerungsabnahme von 2,4 Prozent bis 2039, die weitere Herausforderungen mit sich bringe. Ziel sei es daher, die Fallzahlen zu steigern, die Produktivität zu erhöhen und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Eine zentrale Maßnahme ist der Ausbau ambulanter Angebote, der den veränderten Bedürfnissen der Patienten (!) entgegenkommen soll.
Am Standort Ebern zeichnete sich der Rückbau des stationären Bereichs schon länger ab. Die Schließung der Chirurgischen Station Ende 2021 führte dort zu einem eklatanten Rückgang der Patientenzahlen. Während im „Zukunftskonzept“ der Haßberg-Kliniken 2021 noch von einem Erhalt der Inneren Abteilung die Rede war, ist dieser Plan nun hinfällig.
Strukturgutachten als Basis für die Neuausrichtung
Das Strukturgutachten, das die Grundlage der aktuellen Entscheidungen bildet, wurde von der renommierten Unternehmensberatung ZEQ erstellt und vom Freistaat Bayern gefördert. Es zeigt auf, wie sich die Haßberg-Kliniken angesichts der Krankenhausreform anders aufstellen sollen. Ziel sei es, bis 2030 „der beste Gesundheitsdienstleister in Franken“ zu werden.
In einer Klausurtagung hätten der Landrat, Chefärzte und Klinikleitung die neue „Medizinstrategie“ erarbeitet. Nico Kasper von ZEQ betonte dabei die Bedeutung der Vernetzung von Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), um eine individuelle und qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Allerdings wurde auch deutlich, dass kleinere Einrichtungen wie die in Ebern nicht alle bundeseinheitlichen Qualitätskriterien erfüllen können.
Die Krankenhausreform sieht Leistungsgruppen vor, die strenge Anforderungen an Personal und Ausstattung stellen. Auch im Bereich der Inneren Medizin sind die Vorgaben für kleinere Standorte praktisch nicht umsetzbar. Landrat Schneider sieht die Reform positiv: Das neue Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz würde ihm und den Haßberg-Kliniken endlich Planungssicherheit geben.
Die Klinik-Vorständin betonte die Vorteile kleinerer Häuser wie Haßfurt, wo aufgrund kurzer Wege schneller auf Notfälle reagiert werden könne. Kooperationen mit größeren Kliniken in Schweinfurt, Bamberg und Coburg spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. Gleichzeitig müsse das Überangebot an medizinischen Leistungen kritisch hinterfragt werden, da es häufig den tatsächlichen Bedarf übersteige.
Schwerpunkte und Herausforderungen
Die Pläne für den Standort Ebern sehen vor, ihn zu einem Facharzt- und Pflegezentrum umzubauen, das zusätzlich Kurzzeitpflege anbietet. Es soll jedoch kein reines Seniorenheim werden. Man wolle ein gewisses Spektrum ambulanter und pflegerischer Leistungen bereitstellen.
Haßfurt bleibt hingegen ein Haus der Grund- und Regelversorgung mit einem starken stationären Schwerpunkt. Ein „Nischenprodukt“ wie die Geburtshilfe könnte besonders hervorgehoben werden.
Landrat Schneider zeigt sich optimistisch: Die aktuellen Zahlen würden positiv stimmen. „Unser Defizit“ sei zuletzt leicht gesunken, während andere Kliniken mit steigenden Verlusten zu kämpfen hätten. Dennoch betonte er, dass eine kostendeckende Gesundheitsversorgung für die Haßberg-Kliniken kaum zu erreichen sei. Die Kommunen müssten weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten.
Die Neuausrichtung der Haßberg-Kliniken bleibt ein Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Druck, medizinischen Standards und der Bedürfnisse der Bevölkerung. Die kommenden Jahre müssen zeigen, ob das ambitionierte Ziel, „der beste Gesundheitsdienstleister in Franken“ zu werden, realisiert werden kann.
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