
Über dem südthüringischen Land erhebt sich die Veste Heldburg, heute Sitz des Deutschen Burgenmuseums. Noch bis zum 2.11.25 beherbergt sie eine Ausstellung, die nicht nur Geschichtsinteressierte anzieht: „1525. Bauernkrieg im Henneberger Land“ heißt die Sonderschau, die Teil einer großangelegten Museumskooperation zum 500. Jahrestag des Bauernkriegs ist. Gemeinsam mit vier weiteren fränkischen Museen aus Südthüringen und Nordbayern wirft das Burgenmuseum einen erfrischend differenzierten Blick auf eine der folgenreichsten Erhebungen des Spätmittelalters – und räumt mit alten Mythen auf.
Die Ausstellung beginnt mit Fragen: Wer waren die Aufständischen wirklich? Worum ging es ihnen? Und warum brannte in dieser Region zwischen Main und Werra so plötzlich das Feuer des Widerstands?
Vor genau fünf Jahrhunderten erschütterte eine Welle von Aufständen große Teile Mitteleuropas. Besonders heftig traf es das Gebiet des heutigen Südthüringen und Nordbayerns, wo sich Bauern, Handwerker, Händler und selbst Geistliche gegen die Obrigkeit erhoben. Damals herrschten im Henneberger Land mächtige Adelsgeschlechter wie die Grafen von Henneberg sowie Kirchenfürsten wie der Würzburger Fürstbischof Konrad II. von Thüngen, der unter anderem über das Gebiet rund um Ebern gebot.
Die Forderungen der Aufständischen waren so bodenständig wie radikal: Nutzungsrechte für Wälder und Weiden, ein Ende der Leibeigenschaft, die Abschaffung von Frondiensten und willkürlicher Strafen. Dabei bezogen sie sich auf keine geringere Instanz als die Heilige Schrift selbst – die Bibel sollte als Richtschnur für Gerechtigkeit dienen. In ihrer Vorstellung war die Rückkehr zu den als gottgegeben empfundenen Rechten des Hochmittelalters möglich und legitim.
Die Sonderausstellung auf der Veste Heldburg stellt sich bewusst gegen verbreitete Klischees. „Es waren nicht nur Bauern, die sich erhoben“, erklärt Wilfried Keil vom Museum. „Auch ehemalige Landsknechte, Bürger, sogar Geistliche reihten sich ein.“ Im Ausstellungsraum der einstigen Remise begegnen Besucher daher nicht nur bäuerlichen Waffen wie umgeschmiedeten Sensen oder modifizierten Dreschflegeln, sondern auch Ausrüstungsgegenständen kampferprobter Söldner. Dazu zählen Schwerter, Hellebarden – und ein Selbstverständnis, das der militärischen Disziplin des Adels kaum nachstand.
Zwei besonders eindrucksvolle Formationen des Aufstands aus dem Henneberger Land werden vorgestellt: der sogenannte Werrahaufen und der Bildhäuser Haufen – jede dieser Gruppen umfasste zwischen 10.000 und 12.000 Männer. Ihre Anführer verfügten über echte Kriegserfahrung, viele von ihnen hatten zuvor als Landsknechte im Dienst gestanden. Diese gut organisierten Verbände machten sich auf den Weg, um die alten Rechte wiederherzustellen – mit dem Schwert, wenn nötig.
Doch ein solches Heer muss versorgt werden – und daran scheiterte es oft. Wie Keil erläutert, bestand ein akutes Versorgungsproblem, das vielerorts zu Plünderungen führte. Klöster wurden überfallen, Vorräte entwendet. Die Burgen selbst gerieten seltener ins Visier – schlichtweg, weil es dort meist nichts Essbares zu holen gab. Dennoch wurden einige gezielt angegriffen, nicht aus Beutegier, sondern aus ideologischem Kalkül.
Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist das Schloss Mainberg bei Schweinfurt, das nicht nur Residenz, sondern auch Verwaltungszentrum der Henneberger Grafen war. In seinen Gemäuern lag ein bedeutender Teil des Hennebergischen Archivs – das von den Aufständischen bewusst zerstört wurde. Schuldscheine, Besitznachweise, Urkunden – alles, was die herrschaftlichen Ansprüche zementierte, wurde vernichtet. Der Angriff auf Dokumente wurde zur symbolischen wie praktischen Waffe gegen die Obrigkeit.
Ein weit verbreitetes Bild des Bauernkriegs zeigt Dörfer in Flammen und zahllose niedergebrannte Burgen. Auch hier bringt die Ausstellung auf der Veste Heldburg Klarheit. Viele der später gemeldeten Zerstörungen – so zeigt eine ausführliche Quellenanalyse – wurden übertrieben oder gar erfunden. Der Grund? Schadenersatzprozesse. Wer beweisen konnte, dass seine Burg oder sein Hof mutwillig zerstört worden war, durfte auf Wiedergutmachung durch die Untertanen hoffen. So kam es, dass manches vermeintlich abgebrannte Gemäuer nach dem Krieg prächtiger wieder aufgebaut wurde, als es zuvor je gewesen war.
Was die Besucherinnen und Besucher erwartet, ist eine anschauliche, teils packende Erzählung über den Versuch, soziale Gerechtigkeit mit Gewalt durchzusetzen – und über die Folgen, die dieser Aufstand für die Region hatte. Denn der Bauernkrieg mag gescheitert sein – doch sein Echo hallt bis heute nach.
Die Sonderausstellung „Bauernkrieg und Burgen“ im Deutschen Burgenmuseum auf der Veste Heldburg bei Ebern ist noch bis zum 2.11.25 geöffnet. Ein Besuch lohnt sich – für Geschichtsinteressierte ebenso wie für alle, die verstehen wollen, was Menschen vor 500 Jahren bereit waren, für ihre Rechte zu riskieren.
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