Bürgermeisterwahl: Funkstille in Ebern, Hürdenlauf in Schweinfurt

Gut acht Monate vor den Kommunalwahlen im März 2026 herrscht in Ebern eine auffällige Stille. Während in anderen Regionen bereits erste Kandidaten ihre Ambitionen erklären, bleibt in Ebern bislang offen, wer das Rennen um das Bürgermeisteramt aufnehmen wird. Die Zurückhaltung spiegelt auch ein größeres Problem wider, das viele ländliche Gemeinden zunehmend beschäftigt. Der amtierende Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) hält sich bislang bedeckt. Eine offizielle Erklärung zu einer möglichen erneuten Kandidatur gibt es nicht. Auch von Seiten der im Stadtrat vertretenen Parteien – CSU und Freie Wähler – ist bisher kein Signal zu vernehmen. Beide Fraktionen haben sich während der laufenden Wahlperiode politisch eher unauffällig verhalten, Profilierung: eher nicht. Die Grünen sowie die Junge Union spielen in Ebern nur eine untergeordnete Rolle. Erwartet wird hier kaum eine Initiative in Richtung Bürgermeisterkandidatur. Bei den Freien Wählern steht anderes auf der Agenda: Sie beschäftigten...

Bettenauslastung in Ebern: Werden die 50 Betten der Internistischen Klinik nur noch auf dem Papier vorgehalten?


Im Landkreis Haßberge wurde vor einigen Tagen eine neue Ausgabe (01/2025) des Patientenmagazins „Blickpunkt Gesundheit“ verteilt, und zwar als Beilage zum wöchentlichen Anzeigenblatt. Herausgeber ist das Kommunalunternehmen „Haßberg-Kliniken“, das mit seinen beiden Standorten in Haßfurt und Ebern die stationäre Gesundheitsversorgung im Landkreis verantwortet. Parallel steht das Magazin [➚] auch digital auf der Website der Haßberg-Kliniken zum Download bereit.

Während sich das Heft in gewohnter Weise mit den medizinischen Angeboten und neuen Entwicklungen im Klinikunternehmen beschäftigt, richtet sich ein vager Blick auch auf das Krankenhaus in Ebern. Das Haus mit über 100-jähriger Geschichte wird mehrfach erwähnt, doch die Aussagen dazu bleiben unscharf und werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten.

Zwischen Strategiepapier und Realität: Was wird aus Ebern?

Auf gleich zwei Seiten im „Blickpunkt Gesundheit“ wird die Zukunft des Krankenhauses Ebern umrissen – fast wortgleich. Auf Seite 3 wie auch auf Seite 10 heißt es: „Der Standort Ebern soll zu einem modernen Facharzt- und Pflegezentrum ausgebaut werden und zusätzlich zu den bereits etablierten Facharztpraxen weitere ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote vorhalten.“

Was genau mit diesen in Aussicht gestellten „ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten“ gemeint ist, bleibt offen. Eine Zeitschiene wird nicht genannt, konkrete Projekte (Kurzzeitpflege?) ebenfalls nicht. Das Magazin lässt die Leserinnen und Leser im Unklaren – eine Tendenz, die Beobachter schon länger im Umgang mit dem Eberner Klinikstandort feststellen.

Rückgang der stationären Fälle in Ebern von 1.200 auf 250?

Wer Genaueres wissen will, muss auf die Website [➚] der Haßberg-Kliniken ausweichen, dort finden sich zumindest Zahlen. So würden im Krankenhaus Ebern jährlich rund 250 stationäre und etwa 1.300 ambulante Fälle behandelt – bei einer offiziellen Kapazität von 50 Betten und einem ausgewiesenen Personalstamm von etwa 60 (!) Mitarbeiter/innen.

Die Angaben wirken befremdlich. Zum Vergleich: Im Krankenhaus Haßfurt würden im selben Zeitraum rund 7.000 stationäre und knapp 9.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut – von etwa 450 Mitarbeiter/innen. Und: Im Jahr 2023 wies der offizielle Qualitätsbericht [➚] des Krankenhauses Ebern noch 1.195 stationäre Fälle auf. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären? Erfüllt er vielleicht den Zweck, die Komplettschließung des Krankenhauses Ebern zu rechtfertigen?

Ein Rechenbeispiel, das Fragen aufwirft

Die Zahl der stationären Fälle in Ebern – 250 jährlich – erscheint extrem niedrig. Legt man sie ins Verhältnis zur Bettenzahl, entsteht ein gravierendes Missverhältnis. Der ehemalige Klinikleiter Klaus Emmerich hat die Zahlen analysiert. Bei einer geschätzten durchschnittlichen Verweildauer von fünf Tagen pro Patient ergibt sich eine jährliche Bettenauslastung von lediglich 6,85 %. Das ist weit entfernt von einer wirtschaftlich tragfähigen Auslastung, die Experten bei rund 80 % ansetzen. Aber auch realistischere 1.195 stationäre Fälle laut offiziellem Qualitätsbericht 2023 sind mit einer Auslastung von 34,75 % katastrophal.

Rechnet man mit dem Idealwert, ergibt sich für Ebern bei 250 stationären Fällen ein tatsächlicher Bedarf von nur fünf stationären Betten. Für 1.195 stationäre Patienten würden gerade 17 Betten benötigt. Warum trotzdem weiterhin 50 Betten offiziell vorgehalten werden, bleibt unklar. Es ließe sich vermuten, dass diese Betten bei der nächsten „Umstrukturierung“ nicht gestrichen, sondern als Reserve dem größeren Standort in Haßfurt zugewiesen werden könnten – ein taktischer Schachzug, um Bettenkürzungen durch den Freistaat zu umschiffen?

Klaus Emmerich zeigt sich in seiner Einschätzung deutlich: „Fünf bzw. 17 belegte Betten mit einer Personalbesetzung rund um die Uhr sind extrem unwirtschaftlich. Schon bei Auslastungen unter 50 % schließen viele andere Klinikträger.“

Wenn Kliniken sterben – und keiner es sagt

Der Fall Ebern steht exemplarisch für ein Problem, das bundesweit an Dynamik gewinnt: das sogenannte „Kliniksterben“. Ein Grund ist die von Bund und Ländern vorangetriebene Krankenhausreform. Sie verfolgt das Ziel, die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland drastisch zu reduzieren, um Ressourcen zu bündeln und vor allem: um Kosten zu sparen. Viele Kritiker sprechen von einem politisch gesteuerten Schrumpfungsprozess, der hauptsächlich ländliche Regionen hart trifft.

Die Krankenhausreform, so der Vorwurf, schaffe keine Lösungen, sondern trage selbst zur Misere bei. In Ebern lässt sich das exemplarisch beobachten. Schon seit dem Jahr 2021 hat das Krankenhaus keine eigene stationäre Chirurgie mehr, auch die stationäre chirurgische Rund-um-die-Uhr-Notfallversorgung fiel weg. Für viele Bürgerinnen und Bürger verliert die Einrichtung damit an Relevanz – sie weichen schlicht auf Krankenhäuser, zum Beispiel in Bamberg, Coburg oder Scheßlitz, aus. Auf diese Gefahr hatte Klaus Emmerich und seine Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern mehrfach öffentlich hingewiesen – leider vergeblich! Die niedrigen Fallzahlen sprechen für sich, ein Teufelskreis: Weniger Patienten führen zu geringerer Auslastung, geringere Auslastung zu höheren finanziellen Verlusten – was wiederum strukturelle Veränderungen unausweichlich macht – als „Reform“, „Zukunftskonzept“ oder „neue Medizinstrategie“ verkauft.

Nur nebenbei sei an das Schicksal der ehemaligen Berufsschule in Ebern erinnert. Auch sie war ein Gebäude des Landkreises Haßberge, für das kein tragfähiges Konzept erstellt worden war. Nach Jahren des Leerstands wurde sie schließlich abgerissen. Eine gewisse Ähnlichkeit zum Krankenhaus Ebern drängt sich auf.

Politik zwischen Verantwortung und Realitätsverweigerung

Offiziell betont die Landkreisführung den Erhalt beider Klinikstandorte – noch. Doch angesichts der nüchternen Zahlen wird es immer schwieriger, diese Position öffentlich glaubwürdig zu vertreten. Warum in Ebern noch 50 Betten vorgehalten werden, lässt auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU), Vorsitzender des Verwaltungsrates der Haßberg-Kliniken, offen. Oder werden sie nur noch auf dem Papier vorgehalten?

Eine aufschlussreiche Episode spielte sich Ende Juni 2025 beim Kreisparteitag der SPD in Ebern ab. Dort wurde noch einmal deutlich, dass die Sozialdemokraten im Landkreis die bundespolitische Linie zur Krankenhausreform nicht nur mittragen, sondern weitgehend kritiklos befürworten. Der Eberner Bürgermeister Jürgen Hennemann äußerte sich dort zur „hohen finanziellen Last der Krankenhäuser“ – gemeint waren die Haßberg-Kliniken – und betonte, dass die Reform „einiges an Entlastung“ bringen könne. So berichtete das regionale Nachrichtenportal „Mainfranken.News“ [➚].

Diese Haltung offenbart ein Problem: Die SPD, die sich einst als Hüterin öffentlicher Daseinsvorsorge verstand, unterstützt eine Reform, die vor allem zu Klinikschließungen im ländlichen Raum führt. Auch im Landkreis Haßberge mehren sich die Anzeichen, dass politische Entscheidungen an der Lebensrealität vieler Menschen vorbeigehen – und Versorgungsstrukturen vor Ort aufgegeben werden, aus betriebswirtschaftlichen Gründen.

Mit Blick auf die Kommunalwahlen 2026 lässt sich feststellen: Die Verantwortung für die Situation in Ebern teilen sich alle Entscheidungsträger – unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Doch wer eine Reform befürwortet, die zur Schließung von Krankenhäusern führt, kann sich nicht gleichzeitig als deren Bewahrer präsentieren.

Konzerninteressen und lokale Verluste

Parallel zur Entwicklung in Ebern zeichnen sich bundesweit Machtverschiebungen im Gesundheitswesen ab. Große private Klinikbetreiber wie der „Sana“-Konzern übernehmen auch kommunale Einrichtungen. Jüngste Beispiele sind das Klinikum Coburg oder das Management des St.-Josefs-Krankenhauses in Schweinfurt, das nun unter Sana-Leitung steht. Solche Zusammenschlüsse stärken die wirtschaftliche Schlagkraft – und zeigen gleichzeitig, wie schwer es kleine kommunale Häuser haben, sich zu behaupten.

Der Landkreis Haßberge gehört nicht zu den finanzstarken Regionen Bayerns. Ohne einen echten strategischen Partner für Ebern, klare Vision und nachhaltige Finanzierung wird es kaum gelingen, den Standort Ebern wirklich zukunftsfähig zu machen. Das Patientenmagazin „Blickpunkt Gesundheit“ versucht zwar, Optimismus zu verbreiten – doch die Worte bleiben unkonkret, die Perspektiven ungewiss.

Damit steht Ebern an einem Scheideweg. Nur diesmal geht es nicht um ein leerstehendes Gebäude wie bei der ehemaligen Berufsschule, sondern um ein Stück Gesundheitsinfrastruktur, um Vertrauen, Versorgungssicherheit – und um politische Glaubwürdigkeit.

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