
Wer durch die Coburger Straße in Ebern fährt, dem fällt ein eher ungewöhnliches Stadtmobiliar ins Auge: eine Sitzbank, die direkt am sogenannten „Schul-Kreisel“ aufgestellt wurde. Während Ruhebänke üblicherweise an idyllischen Plätzen mit Blick auf Wiesen, Wälder oder Teiche platziert werden, entschied man sich in diesem Fall für einen Standort, der etwas irritiert – mitten im Lärm des Verkehrs, dort, wo Autos im Kreis ihre Bahnen ziehen.
Tatsächlich wirkt die Bank im ersten Moment wie ein kurioses Experiment. Wieso sollte jemand freiwillig an einem Kreisverkehr Platz nehmen, wo es weder schattige Bäume noch weite Aussichten gibt, sondern Abgase, Motorengeräusche und das beständige Aufheulen der Fahrzeuge? Doch bei genauerem Hinsehen lässt sich erkennen, dass dieser Platz durchaus auch praktische und soziale Aspekte hat.
Gerade für ältere Menschen können Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum eine große Erleichterung sein. Wer zu Fuß unterwegs ist, möchte nicht erst lange Wege zurücklegen, um sich ausruhen zu können. Der Kreisel in der Coburger Straße liegt an einer zentralen Stelle, die häufig von Fußgängern frequentiert wird – insbesondere von Schülerinnen und Schülern, die hier täglich unterwegs sind, ebenso wie von Anwohnerinnen und Anwohnern, die Besorgungen in der Stadt erledigen.
Eine ältere Dame drückte es pragmatisch aus: „Wenn ich müde bin, setze ich mich. Die Stelle ist nur etwas blöd wegen des Lärms, aber ich bleibe ja nicht stundenlang sitzen.“ Diese nüchterne Haltung macht deutlich, dass die Bank ihre Funktion erfüllt, auch wenn sie nicht unbedingt den Kriterien klassischer Aufenthaltsqualität entspricht.
Eine weitere Dame meinte ebenfalls, die Idee sei grundsätzlich gut, aber die Geräuschkulisse mache den Aufenthalt ungemütlich. Andere Passanten winkten gleich ab und erklärten, sie würden sich hier nie hinsetzen. Ein Mann brachte es auf den Punkt: „In der Anlage oder in der Stadt ist es doch viel angenehmer.“
Nicht von ungefähr hat die Sitzgelegenheit in Ebern bereits einen Scherznamen erhalten: „Kreisel-Guck-Bank“. Der Name spielt darauf an, dass man hier tatsächlich die Möglichkeit hat, die Fahrzeuge beim Kreisen zu beobachten – ein Schauspiel, das im ersten Moment unspektakulär wirkt, aber durchaus zum Nachdenken anregen kann.
In humorvoller Überhöhung wurde bereits darüber spekuliert, ob es eine geheime Gesellschaft von „Kreisel-Guckern“ gebe, die sich an solchen Orten trifft, um der monotonen Dynamik der Autos zu frönen. Wer hätte gedacht, dass das Beobachten von Verkehr eine beruhigende Wirkung entfalten kann? Ob sich die Bank tatsächlich zu einer kleinen Attraktion entwickelt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls erzeugt die ungewöhnliche Platzierung Aufmerksamkeit.
Die Bank lenkt den Blick auch auf ein anderes Thema: die Gestaltung des Kreisels selbst. Kreisverkehre gelten aus Sicht vieler Verkehrsexperten als Lösung, um den Verkehrsfluss zu beschleunigen und Unfälle zu vermeiden. Doch fußgängerfreundlich sind sie oft nicht. Gerade beim Verlassen des Kreisverkehrs sind viele Autofahrerinnen und Autofahrer unsicher oder schlicht unachtsam, was den Vorrang von Fußgängern betrifft.
In Ebern fehlt nicht nur am „Schul-Kreisel“ ein Zebrastreifen – eine Einrichtung, die eigentlich dazu dienen sollte, das Überqueren der Straße sicherer zu machen. Für Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, bedeutet das, dass sie auf Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme der Autofahrer angewiesen sind. In Zeiten, in denen Städte und Gemeinden stärker auf nachhaltige Mobilität setzen wollen, wirkt dies wie ein Rückschritt. Schließlich gilt das Zu-Fuß-Gehen als die umweltfreundlichste Fortbewegungsart. Eine Bank mag zwar zum kurzen Verweilen einladen, doch der Weg dorthin sollte ebenfalls sicher und angenehm sein.
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