Es gibt diese Abende im Dezember, an denen ich den Laptop zuklappe, mir die Mütze etwas tiefer ziehe und noch eine Runde durch die Stadt gehe. Nicht, weil ich etwas Bestimmtes vorhabe, sondern weil der Dezember dazu einlädt, langsamer zu werden und genauer hinzuschauen. In diesem Jahr führen mich diese Wege immer wieder nach Ebern, eine Kleinstadt in Ostunterfranken, die sich im Advent von einer besonders stillen Seite zeigt. Vielleicht liegt es am Licht, vielleicht an der Kälte, vielleicht auch daran, dass man in dieser Zeit offener für Zwischentöne wird.
Der Stadtkern wirkt noch immer mittelalterlich, und das nicht als aufgesetzte Kulisse, sondern als gewachsene Realität. Die Gassen verlaufen nicht schnurgerade, sondern folgen Linien, die lange vor Navigationsapps und Stadtplanung entstanden sind. Man merkt schnell, dass hier Geschichte nicht ausgestellt wird, sondern einfach da ist. Zwischen Fachwerkhäusern und alten Mauern hängt Weihnachtsbeleuchtung, zurückhaltend und warm, keine grellen Farben, kein flackernder Überfluss. Sie scheint eher zu leuchten als zu blenden, so als wolle sie niemanden stören.
Auf dem Marktplatz steht ein Weihnachtsbaum. Kein monumentales Exemplar, sondern einer, der gut passt. Er wirkt, als gehöre er schon immer dorthin, zwischen Rathaus und den Häusern am Stadtberg. Tagsüber gehen die Menschen daran vorbei, erledigen Einkäufe, bleiben kurz stehen, um jemanden zu begrüßen. Abends verändert sich die Stimmung. Dann reflektieren die Lichter auf dem Pflaster, und für einen Moment scheint der Platz größer und zugleich geborgener zu sein. Ich bleibe dann gern stehen, höre dem gedämpften Klang von Schritten zu und denke daran, wie viele Generationen hier schon ihre Winter verbracht haben.
Ein paar Schritte weiter erhebt sich der Grauturm, still und unbewegt. Er ist einer dieser Orte, die man im Alltag nicht mehr beachtet, obwohl sie alles überdauern. Im Advent wirkt er wie ein Wächter über die Stadt, nicht streng, sondern gelassen. Seine Mauern haben andere Zeiten gesehen, härtere Winter, andere Sorgen. Vielleicht ist es genau das, was ihm diese Ruhe verleiht. Wenn man den Blick an ihm nach oben wandern lässt, verliert sich der Lärm des Tages fast automatisch.
Was mich an dieser Stadt im Dezember besonders anspricht, ist das Zusammenspiel aus Nähe und Weite. Hinter den Häusern beginnen die Wälder, dunkel und dicht, selbst im Winter nicht wirklich kahl. Sie umschließen Ebern wie ein stiller Rahmen. An klaren Tagen zieht kalte Luft von dort in die Straßen, riecht nach Erde und Holz. Man muss kein großer Spaziergänger sein, um zu spüren, dass diese Landschaft Einfluss auf die Menschen hat. Vielleicht erklärt sie ein Stück weit die Gelassenheit, die man hier selbst kurz vor den Feiertagen noch findet.
Weihnachten kommt in Ebern nicht mit großem Auftritt. Es schleicht sich eher ein, Tag für Tag, Licht für Licht. In den Fenstern stehen Sterne, manchmal aus Papier, manchmal aus Holz. Hinter den Scheiben sitzen Menschen bei Kaffee oder Tee, und man ahnt Gespräche, die nichts mit Einkaufslisten zu tun haben. Es ist diese Unaufgeregtheit, die ich als wohltuend empfinde. Sie erinnert daran, dass die Tage rund um Weihnachten nicht zwangsläufig laut sein müssen, um Bedeutung zu haben.
Beim Schreiben dieses Beitrags wird mir bewusst, dass es der letzte Blogbeitrag in diesem Jahr ist. Ein kleiner Einschnitt, der sich dennoch richtig anfühlt. Aber keine Sorge, ab Januar geht es direkt weiter, mit neuen Geschichten, neuen Wegen und neuen Gedanken. Für den Moment passt es, einen Schritt zurückzutreten und den Blick schweifen zu lassen, so wie ich es auf meinen Abendrunden durch die Stadt tue.
Zwischen all den Eindrücken möchte ich etwas sagen, das sonst oft am Rand steht: Wir wünschen allen Lesern eine besinnliche und entspannte Weihnachtszeit! Vielleicht findet sich irgendwo zwischen beleuchteten Gassen, stillen Türmen und den dunklen Linien der Wälder ein Moment, der hängen bleibt. Einer, der nichts fordert und nichts erklärt, sondern einfach da ist – so wie ein Spaziergang durch Ebern im Dezember.

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