Die Entscheidung fiel nicht ganz überraschend, doch die Folgen sind verheerend: Das Krankenhaus Ebern, ein Standort der Haßberg-Kliniken, wird zum Jahresende 2025 geschlossen. Die Eberner Palliativstation wird sogar schon zum 1.11.25 nach Haßfurt verlegt. Die schlechten Nachrichten verkündete Landrat Wilhelm Schneider (CSU) am Abend des 31.7.25 während einer Stadtratssitzung in Ebern. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten – von Besorgnis bis Wut reicht das Spektrum. Erste Proteste werden formuliert.
Eine Region verliert ihre Klinik – und ihre Sicherheit?
Die Ankündigung des Landrats löste in der Bevölkerung spürbare Betroffenheit aus. Vor allem in den sozialen Medien wird derzeit heftig diskutiert. Für rund 7.995 Bürgerinnen und Bürger im Raum Ebern bedeutet die Schließung, dass sie ab Januar 2026 keinen Zugang mehr zu einer akutstationären Notfallversorgung im näheren Umkreis haben. Die Fahrtzeit zu den nächsten Kliniken – den Krankenhäusern in Scheßlitz oder Haßfurt – übersteigt in diesen Fällen die kritische 30-Minuten-Marke, die in medizinischen Notfällen über Leben und Tod entscheiden kann.
In einem öffentlichen Aufruf kritisiert die „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ die Maßnahme scharf. Die Gruppe spricht von einer Degradierung der Region Ebern zur „Gesundheitsregion 3. Klasse“ und fordert die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach auf, sich umgehend in Gespräche mit dem Landkreis Haßberge einzuschalten, um das Klinik-Aus doch noch abzuwenden. Besonders kritisch äußerten sich Akteure über die bereits im Jahr 2021 erfolgte Schließung der chirurgischen Station in Ebern – ein Schritt, der ihrer Ansicht nach den Grundstein für die jetzige Schließung gelegt hat.
Zwischen Sparzwang und Strukturreform – Zahlen und Fakten zur Lage
Mit dem Aus für das Krankenhaus Ebern – mitsamt seiner Palliativstation – verbleibt im gesamten Landkreis Haßberge künftig nur noch ein stationärer Standort – in Haßfurt. Die Haßberg-Kliniken, ein kommunales Klinikunternehmen, bestehen damit ab 2026 nur noch aus einem aktiven Krankenhaus, während der Standort Ebern zwar baulich erhalten bleibt, jedoch als MVZ-Facharztpraxis weitergeführt wird. Diese war bereits in den letzten Jahren im ehemaligen Klinikgebäude untergebracht – als Versuch, den Leerstand nach dem Rückzug der Chirurgie zu mildern.
Landrat Wilhelm Schneider und die Vorständin der Haßberg-Kliniken begründeten die Entscheidung mit der unzureichenden Bettenauslastung am Standort Ebern. Das internistische Restkrankenhaus sei wirtschaftlich nicht mehr tragfähig gewesen, hieß es. Zudem habe der Chefarztposten bereits seit längerer Zeit mit dem Krankenhaus Haßfurt geteilt werden müssen – ein deutliches Zeichen dafür, dass die Klinik in Ebern personell und strukturell bereits auf Sparflamme lief.
Eine nichtrepräsentative Blitzumfrage der Aktionsgruppe am Nachmittag des Bekanntgabetags untermauert die Stimmungslage in der Bevölkerung: 81,7 Prozent der Befragten sprachen sich für einen Erhalt des Krankenhauses Ebern in seiner ursprünglichen Form aus, einschließlich der Wiedereröffnung der chirurgischen Abteilung. Weitere 17,1 Prozent plädierten für ein internistisches Fortbestehen des Hauses – immerhin ein Appell an den Erhalt zumindest grundlegender stationärer Strukturen.
Insgesamt fällt das Urteil der Bevölkerung deutlich aus. Kommentare im Netz sprechen von einem sinkenden Lebensstandard und einem Abbau lebensnotwendiger Infrastruktur. „Was nützt die beste Exzellenz-Universität, wenn im Alltag der Menschen der Lebensstandard immer weiter abfällt?“ schrieb ein Nutzer. Ein anderer Kommentar bringt die Wut auf den Punkt: „Dann stirbt man halt auf dem Weg ins weiter entfernte Krankenhaus.“
Ein Zukunftskonzept mit Ablaufdatum
Bereits im Jahr 2021 hatte die Schließung der chirurgischen Abteilung in Ebern für Kritik gesorgt. Damals war im Rahmen eines sogenannten „Zukunftskonzepts“ eine Neuausrichtung der Haßberg-Kliniken vorgestellt worden – öffentlich wurde das Konzept jedoch nie in seiner Gänze publiziert. Was genau hinter den Kulissen geplant war, blieb der Öffentlichkeit verborgen. Beobachter werfen dem Landkreis und der Klinikleitung nun vor, sich damals bereits auf einen schleichenden Rückzug aus dem Standort Ebern vorbereitet zu haben.
Dass die offizielle Bekanntgabe der Schließung erst am 31.7.25 erfolgte, obwohl der Beschluss laut interner Informationen bereits am 28.7.25 gefallen sein soll, sorgt zusätzlich für Unverständnis. Kritiker sehen darin ein Indiz für mangelnde Transparenz und ein strategisches Kommunikationsverhalten, das der Tragweite der Entscheidung nicht gerecht werde.
Die „Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ verweist zudem auf die strukturellen Probleme, die sich seit dem Wegfall der chirurgischen Versorgung bereits bemerkbar gemacht hätten: Der Rückgang stationärer Erlöse, der Verlust medizinischer Flexibilität und eine zunehmend ausgedünnte Personalstruktur hätten die Klinik in eine Abwärtsspirale gezwungen – mit der jetzigen Schließung als logische Konsequenz. Dass diese Folgen nun dem Landkreis Haßberge zur Last gelegt werden, sei – so die Aktionsgruppe – Ergebnis falscher gesundheitspolitischer Entscheidungen.
Politische Verantwortung und kommunale Passivität?
Auch die Vertreter der Stadt Ebern im Kreistag Haßberge geraten in die Kritik. Viele Bürgerinnen und Bürger beklagen, dass die lokalen Entscheidungsträger es versäumt hätten, sich energisch für den Erhalt des Krankenhauses einzusetzen. Der Eindruck, dass über die Köpfe der Eberner hinweg entschieden worden sei, ist weit verbreitet.
In der Kritik steht nicht nur die Kreisverwaltung, sondern auch das Bayerische Gesundheitsministerium. Die Aktionsgruppe fordert Gesundheitsministerin Judith Gerlach auf, die Schließung nicht tatenlos hinzunehmen, sondern sich aktiv in die Debatte einzuschalten. Gerade in einer Zeit, in der medizinische Versorgung im ländlichen Raum ohnehin unter Druck steht, sei das Signal aus Ebern ein fatales.
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