
Nach dem Beschluss des Klinik-Verwaltungsrats, das Krankenhaus Ebern Ende 2025 zu schließen, bleiben nach derzeitigem Stand für Ebern selbst nur wenige Strukturen bestehen. Das dortige Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) soll fortgeführt werden, außerdem wird über ein Kurzzeitpflegeheim mit 20 Betten im bisherigen Klinikgebäude diskutiert – das war’s. Ebern verliert damit sogar die Chance, ersatzweise als sektorenübergreifende Einrichtung in eine neue bundesrepublikanische Krankenhausstruktur eingebunden zu werden.
Vor Ort sorgt die Entwicklung nicht für Begeisterung. Viele Bürgerinnen und Bürger sehen eine drohende Versorgungslücke, insbesondere in der Notfallversorgung. Selbst Ärzte und Apotheker haben sich bereits der Petition [➚] zum Erhalt des Hauses angeschlossen.
Irritation löste zudem die Außendarstellung der Haßberg-Kliniken aus. Im klinikeigenen Magazin „Blickpunkt Gesundheit“ [➚] war das Krankenhaus Ebern zum Beispiel in einer kindlich gestalteten Zeichnung als lachendes Gebäude dargestellt, versehen mit der Bezeichnung „modernes Facharzt- und Pflegezentrum“. Das Heft war veröffentlicht worden, noch bevor die Schließung offiziell bekanntgegeben wurde. Beobachter sahen darin ein Signal, dass die Entscheidung längst gefallen war – auch wenn vielleicht einige lokale Mandatsträger im Kreistag des Landkreises Haßberge offenbar davon ausgingen, dass der Standort Ebern weiterhin ein Krankenhaus bleiben würde.
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Aus dem Werbeprospekt der Haßberg-Kliniken: Blickpunkt Gesundheit |
Ende Juli 2025 hat dann der Verwaltungsrat der Haßberg-Kliniken beschlossen, das Krankenhaus Ebern als solches aufzugeben. Damit würde die stationäre Versorgung in Ebern nach Jahrzehnten enden. Die Abteilung Innere Medizin mit ihren 50 Betten soll nach Haßfurt verlagert werden, ebenso das Palliativteam, das bereits ab November in Haßfurt tätig sein soll.
Die Entscheidung fällt in eine Zeit grundlegender Veränderungen im deutschen Gesundheitswesen. Mit der geplanten Krankenhausreform soll die Zahl der klassischen Kliniken verringert und dafür ein neues Typensystem eingeführt werden. Ein zentrales Element sind die sogenannten Level-1i-Einrichtungen, auch „Sektorenübergreifende Versorger“ genannt.
Nach dem Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz (KHVVG) sind für solche Häuser bestimmte Leistungen obligatorisch [➚]: ambulante Behandlungen und Operationen nach Sozialgesetzbuch, pflegerische Angebote wie Kurzzeit- oder Tagespflege sowie stationär die Fachbereiche Innere Medizin und Geriatrie. Eine Notfallversorgung gehört ausdrücklich nicht dazu.
Ziel ist es, Patientinnen und Patienten aufzufangen, die keine klassische stationäre Behandlung benötigen, aber auch noch nicht allein zu Hause zurechtkommen. Besonders ältere Menschen sollen davon profitieren. Laut Krankenhaus-Report hat sich der Anteil der über 80-Jährigen an allen stationären Fällen seit 2005 von 13 auf 22 Prozent erhöht. Viele von ihnen werden mit chronischen Erkrankungen wie Herzschwäche oder Diabetes aufgenommen, die nach den Vorstellungen der Reformer ambulant behandelbar wären.
Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) [➚] errechnete, dass im Jahr 2022 rund 1,4 Millionen Klinikaufenthalte hätten vermieden werden können, wenn eine bessere ambulante Versorgung vorhanden gewesen wäre. Eine Gesundheitsexpertin vom Marburger Bund erklärte bei einer Fachdiskussion, Level-1i-Häuser seien vor allem für Patientinnen geeignet, die zwar keine Akutmedizin mehr benötigen, aber medizinische Überwachung oder Pflege brauchen. Wie viele Patienten es braucht, damit sich so eine Einrichtung trägt, sagte sie nicht.
Ein Unternehmensberater von der Oberender AG plädierte dafür, das Modell flexibel zu gestalten: Es solle wie ein Baukasten verstanden werden, dessen Module je nach regionalem Bedarf zusammengestellt werden können. So könnten die Einrichtungen wohnortnah eine medizinische Basisinfrastruktur sichern – allerdings ohne Akut- und Notfallstation.
Für Ebern jedoch scheint selbst diese reduzierte Entwicklung inzwischen kaum mehr erreichbar. Denn mit dem Abzug der Inneren Medizin und der Palliativmedizin fehlt die Basis, um den Standort zu einer intersektoralen Level-1i-Einrichtung weiterzuentwickeln. Damit unterscheidet sich Ebern von anderen kleinen Kliniken, die mit Hilfe der Reform in eine sektorenübergreifende Zukunft überführt werden sollen.
Die Entscheidung des Verwaltungsrats wirft überdies politische Fragen auf. Da die Haßberg-Kliniken ein Kommunalunternehmen des Landkreises Haßberge sind, gibt es Stimmen, die bezweifeln, ob nicht der Kreistag selbst über eine so grundlegende Weichenstellung hätte entscheiden müssen. Offiziell ist die Schließung bislang nicht durch dieses Gremium bestätigt worden. Ein Lichtblick?
Hinzu kommt die Kritik an der Kommunikation. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlten sich durch die Darstellung im „Blickpunkt Gesundheit“ im Unklaren gelassen, da das Schlagwort vom „modernen Facharzt- und Pflegezentrum“ praktisch verschleiert hätte, dass das eigentliche Krankenhaus verschwinden sollte. Erst mit der offiziellen Bekanntgabe im Sommer 2025 wurde klar, dass die stationäre Versorgung in Ebern tatsächlich auslaufen soll.
Vor Ort wächst die Sorge, dass im Notfall wertvolle Zeit verloren geht, weil Patientinnen und Patienten künftig in weiter entfernt liegende Krankenhäuser gebracht werden müssen. Für viele Menschen ist der Verlust eines Krankenhauses in unmittelbarer Nähe ein tiefer Einschnitt. Die Petition [➚] macht deutlich, dass ein großer Teil der Bevölkerung diese Entwicklung entschieden ablehnt.
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