In Ebern herrscht derzeit eine eigentümliche Mischung aus Aufbruchsstimmung und Ernüchterung. Wo vor wenigen Jahren noch der traditionsreiche Gasthof Post stand, ragt nun ein Bauzaun in die Höhe – kein schöner Anblick, wie manche Bürgerinnen und Bürger meinen. Doch hinter diesem Zaun soll am 31.10.25 ein neues Kapitel beginnen: Ministerpräsident Markus Söder wird zum offiziellen Spatenstich für den Neubau der Landesbaudirektion Bayern erwartet. Fast zeitgleich jedoch steht die Region vor einem schmerzlichen Verlust – dem wohl endgültigen Aus für das Krankenhaus Ebern. Zwei Ereignisse, die kaum unterschiedlicher sein könnten, prägen die aktuelle Stimmung in der Stadt.
Nur wenige Tage vor dem geplanten Spatenstich soll der Kreistag Haßberge am 27.10.25 in Ebern zusammentreten, um noch einmal das Ende des Krankenhauses zu bekräftigen. Nach den derzeitigen Planungen wird die Einrichtung zum 31.12.25 vollständig geschlossen. Dass diese beiden Termine so eng beieinanderliegen, sorgt in der Bevölkerung für Gesprächsstoff. Mancher fragt sich, ob die Ansiedelung der Landesbaudirektion als eine Art Kompensation für den Verlust der medizinischen Versorgung gedacht sei – oder ob das eine ohne das andere überhaupt möglich wäre.
Nach Angaben des Staatlichen Bauamts Schweinfurt steht dem Bauprojekt inzwischen nichts mehr im Wege. Anfang Mai 2025 hatte der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags die endgültige Genehmigung erteilt. Damit sei die letzte bürokratische Hürde genommen worden, heißt es. Nur zwei Tage später, am 9.5.25, wurde der Bauauftrag an die Firma Wolff und Müller GmbH vergeben, die sich in einem Ausschreibungsverfahren gegen andere Bewerber durchsetzen konnte. Der Neubau, dessen Gesamtkosten mit 29,7 Millionen Euro veranschlagt sind, soll bis Sommer 2027 fertiggestellt werden. Geplant ist ein Verwaltungsgebäude für rund 100 Beschäftigte – komplett in Holzbauweise errichtet.
Mit dem nachhaltigen Baustil will der Freistaat ein Zeichen setzen. Durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe sollen die CO₂-Emissionen verringert und zugleich ein angenehmes Raumklima geschaffen werden. Das Staatliche Bauamt spricht von einem modernen, zukunftsfähigen Verwaltungssitz, der ökologische Verantwortung mit funktionaler Architektur verbinde. Der Auftrag wurde als sogenannte Totalunternehmerleistung vergeben – das bedeutet, dass Planung und Bau aus einer Hand erfolgen.
Die Pläne für die Landesbaudirektion in Ebern sind indes nicht neu. Bereits im Jahr 2015 war die Ansiedelung angekündigt worden. Doch erst zehn Jahre später wird nun tatsächlich gebaut. Ein erster Planentwurf war im Jahr 2022 in der örtlichen Presse vorgestellt worden und löste damals durchaus kontroverse Reaktionen aus. Das geplante Gebäude sollte laut Zeichnung mit dunklen Holzlatten verkleidet, mit Flachdach und bodentiefen Fenstern ausgestattet werden. Vielen galt die geplante Bauweise als wuchtig und unpassend für den sensiblen Standort am Rand der historischen Altstadt.
Ein Teil der Bevölkerung zeigte sich irritiert, einige sprachen gar von einer Beeinträchtigung des Stadtbildes. Nicht wenige befürchteten, dass der moderne Verwaltungsbau das kleinteilige, historisch gewachsene Ensemble der Innenstadt optisch überlagern könnte. In Stadtgesprächen war das Thema nicht unumstritten. Während der Stadtrat dem Entwurf zustimmte, fragten manche Bürger, ob private Bauherren bei ähnlichen Projekten wohl ebenso schnell grünes Licht erhalten hätten. Die regionale Presse [➚] griff die Debatte auf – mit der Frage, ob der Bau zwar ökologisch und energieeffizient sei, aber zugleich das Stadtbild bereichere?
Hinter den architektonischen Diskussionen steht jedoch ein größeres Thema, das die Menschen in Ebern weit mehr bewegt: die Zukunft des Krankenhauses. Schon seit Jahren war über dessen Bestand spekuliert worden. Mehrfach hatte es Diskussionen über wirtschaftliche Defizite und die medizinische Ausrichtung gegeben. Nun scheint die Entscheidung endgültig gefallen zu sein – das Krankenhaus soll geschlossen werden. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist das ein herber Einschnitt, denn die Klinik war jahrzehntelang eine feste Größe in der Gesundheitsversorgung der Region.
Der Zeitpunkt der Schließung sorgt dabei für zusätzliche Brisanz. Dass der Kreistag wenige Tage vor dem Besuch des Ministerpräsidenten in Ebern zusammenkommt, wird in politischen Kreisen durchaus als symbolträchtig bewertet. Während auf der einen Seite der Abbau von Strukturen – sprich: das Ende der wohnortnahen medizinischen Versorgung – steht, wird auf der anderen Seite mit großem Aufwand ein staatliches Prestigeprojekt gefeiert. Beobachter mutmaßen, dass die Staatsregierung mit der neuen Landesbaudirektion ein Signal des Ausgleichs setzen wolle.
Die Landesbaudirektion Bayern selbst übernimmt zentrale Aufgaben im Bereich Bauplanung und Hochbau. Ihr neuer Standort in der Eberner Bahnhofstraße gilt als Teil einer Strategie, staatliche Behörden gezielt in ländliche Regionen zu verlagern, um dort Arbeitsplätze zu schaffen und die strukturelle Entwicklung zu fördern. Für Ebern bedeutet das theoretisch einen Zuwachs an Arbeitsplätzen und vielleicht eine kleine wirtschaftliche Belebung. Doch die Frage bleibt, ob dieser Gewinn den Verlust des Krankenhauses tatsächlich ausgleichen kann.
Auch das Umfeld des Bauprojekts ist inzwischen deutlich sichtbar verändert. Wo früher Gäste im traditionsreichen Gasthof Post einkehrten, klafft seit dem Abriss 2023 eine Lücke. Der Gasthof, ein Gebäude aus dem Jahr 1874, war beseitigt worden, um Platz für den Neubau zu schaffen. Seit einiger Zeit steht dort nun der Bauzaun – ein Symbol für Wandel, aber auch für die Zerrissenheit, die manche Einwohner empfinden.
Während sich die Planungen weiter konkretisieren, wird der Besuch des Ministerpräsidenten mit Spannung erwartet. Ob Markus Söder tatsächlich nach Ebern kommt, ist nach früheren Absagen – etwa beim angekündigten Besuch der „Altweibermühle“ in Reckendorf im März 2025 – noch offen. Sollte er aber erscheinen, dürfte die Aufmerksamkeit groß sein. Denn an kaum einem Ort in Unterfranken lassen sich derzeit die Gegensätze bayerischer Regionalpolitik so deutlich beobachten wie in Ebern: Hier entsteht ein modernes Behördenzentrum, dort verschwindet ein bedarfsnotwendiges Krankenhaus.
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